Wohl
getan Mr. Ratzinger – so möchte man meinen –
das er auf seine alten Tage zurück zu dem gefunden hat,
was er meiner Meinung nach am besten kann: harscher und harter
Endzeitelektro. Ob nun Kalkül oder innere Rückbesinnung…
sollte in einen Interview geklärt werden. Nichtsdestotrotz
wird das nunmehr achte Werk Cannibal Anthem
sicherlich viele alte Fans versöhnen und die letzten drei
substanzlosen Veröffentlichungen vergessen machen.
Thematisch versucht man sich an einer Kannibalen-Adaption, deren
aktueller Bezug sicher nicht von der Hand zu weisen ist und
setzt diese auch musikalisch gekonnt um. Erzählt wird die
Geschichte eines von seinen Zwängen getrieben Protagonisten,
der selbige in letzter Konsequenz dann auch in die Tat umsetzt
und einem drastischen und vermutlich polarisierenden Ende entgegensieht.
Konzept und Texte sind provokant, egal, ob man sie nun wortwörtlich
oder im weiten Bogen metaphorisch nimmt. Typisch Ratzinger halt.
Das Intro Herzlich Willkommen holpert zwar zunächst
etwas ungeschickt zum Club-Kracher Wir warten; dieser
geht dann aber sofort in die Beine und erzeugt eine düstere,
paranoide Atmosphäre. Die Liebe und Pass Auf
wiederum sind eine romantisch raubeinige und verdrehte
Erklärung an selbige, während der Titeltrack und Jesus
Antichristus z.B. jene beiden musikalischen Seiten in sich
vereint. Will heißen, die Beats werden ein wenig zurückgeschraubt.
Was bleibt sind unter die Haut gehende beklemmende düster-schizophrene
Tracks.
Ein paar „Atari“-Sounds hätte man meiner Meinung
nach in etwas gewandelter Form einsetzen können, aber insgesamt
bietet Cannibal Anthem eine ausgewogene
musikalische Mischung Ratzinger’scher Kompositionen mit
einem Spannungsbogen, der vom Anfang bis zum Ende des Albums
hält. Der weibliche Gesang bei Pass Auf und Hunger
kommt von Onca und fügt sich hervorragend ein ohne aufdringlich
zu wirken. Cannibal Anthem geht
ins Ohr!