Wer
hätte das gedacht? SCREAM SILENCE war
bisher für mich immer eine dieser Bands, die durchaus Musik
mit einem gewissen Anspruch machen, gleichzeitig dabei vor lauter
Sterben in Schönheit zu vergessen schienen, ihre Alben
durchgängig gut zu machen. So ließen immer wieder
einzelne Songs oder Passagen aufhorchen, aber insgesamt war
mir das meistens nicht schlüssig genug, nicht richtig auf
den Punkt gebracht, als das ich mehr als nur ein wenig dauerhaftes
Interesse hätte entwickeln wollen.
Umso überraschter war ich (und bin es eigentlich immer
noch), als ich mir das neue Werk der Berliner namens Aphelia
zum ersten Mal zu Gemüte führte. Nicht nur, dass mir
das Album bereits beim ersten Durchlauf außerordentlich
gut gefallen wollte, nein, es wuchs mit jedem Anhören immer
weiter und wächst, nach ca. einem Dutzend Mal, immer noch!
Natürlich sind SCREAM SILENCE nach wie
vor Spezialisten für die eher romantisch veranlagte Variante
des Gothic oder Dark Rock. Sprich, ihnen sind Atmosphäre
und Melodien wichtiger als rockende Gitarren oder schwer gepitchter
Gesang. Diesmal haben sie diesen Stil aber einfach besser variiert
als auf den vorherigen fünf Alben; vor allem die Ausflüge
in etwas härtere Regionen tun dem Gesamtbild unglaublich
gut, zumal, wenn sie so dermaßen überzeugend rübergebracht
werden. Als hätte die Band nie was anderes gemacht…
Besonders toll sind aber einfach die unglaubliche Ansammlung
an schwelgerischen Melodien, die fast schon Soundtrack-artige
Stimmung (die durch die teilweise direkten Übergänge
zwischen den Stücken noch verstärkt wird) und die
in jeder Hinsicht große Abwechslung, die sich auf Aphelia
permanent wieder findet. Dabei wird geschickt jeglicher stilistische
Wirrwarr vermieden, und so ist denn hier auch eines jener seltenen
Alben entstanden, welches tatsächlich praktisch keinerlei
Schwächen zeigt, sondern vielmehr vor wunderbaren Songs,
zauberhaften Momenten und musikalischer Reife geradezu strotzt.
Beispiele für diese Aussage wären z.B. die rockigen
Tracks Harvest oder The Vitriol, oder eher
träumerisch-beschwörende Songs wie Nothingness,
My Eyes oder das fast 13 Minuten lange balladeske Epos
Aphelia. Trotz der gebotenen musikalischen Vielfalt
schaffen es SCREAM SILENCE dabei, ihre eigene
Linie konsequent zu verfolgen und immer identifizierbar zu bleiben.
Kompliment, an diesem Anspruch scheitern (immer noch) zu viele
Bands…
Die limitierte Erstauflage wird zudem noch 3 Live-Bonus-Tracks
enthalten, die letztes Jahr im Berliner K17 mitgeschnitten wurden.
Das ist ganz ok, aber bei dem bis dato auf Aphelia
gehörten wäre mir natürlich weiteres neues Material
wesentlich lieber gewesen. Die fetten 9,5 Punkte hat sich die
Band mit dieser CD aber auch so redlich verdient!