Mit diesem
Album dürften sich THE RETROSIC endgültig
an die Spitze der deutschen Electro-Szene gesetzt und wirklich
jedem klar gemacht haben, wer in der nächsten Zeit die
Wochenenden in den Tanzpalästen regiert. God
Of Hell enthält fast ausschließlich
potentielle Hits und Tanzflächenfüller, bleibt dabei
ausreichend abwechslungsreich für den anspruchsvollen Hörer
und doch eingängig genug für die Masse, überzeugt
mit einer fast über das gesamte Album anhaltenden beklemmenden
Atmosphäre und ist mit Abstand die perfekteste EBM-CD,
die ich seit langem gehört habe.
Los geht’s mit The Storm, welches eigentlich
eher im Midtempo beheimatet ist, aber trotzdem sehr treibend
ausgefallen ist und gelegentlich durch ruhigere Breaks angereichert
wird. Natürlich fallen auch hier, wie bereits bei früheren
THE RETROSIC Songs, durchaus Parallelen zu
alten :Wumpscut:-Zeiten auf, aber inzwischen ist der Stil doch
etwas eigenständiger geworden, und bei so einem dermaßen
hohen Niveau kann man einfach nicht mehr von Plagiat sprechen.
Maneater ist dann beinharter Electro, düster,
voranpeitschend, unentrinnbar. Selbst Bewegungslegastheniker
wie ich geraten dabei ins Zucken! New World Order ist
offener angelegt, nimmt den Hörer aber in die Mitte und
dann plötzlich nicht wieder los, vor allem der Refrain
ist unglaublich zupackend und hypnotisch. Das folgende Tale
Of Woe ist wieder etwas langsamer und baut im weiteren
Verlauf eine extrem dunkle Stimmung auf, während der fünfte
Track Dragonfire mit fiesen Melodien und treibenden
Beats erneut düsteres, hartes Electro-Futter bietet.
Wem es bis jetzt noch nicht genügend Abwechslung gab, der
wird von Elysium sicherlich besonders überrascht
sein: ein von aufwändigen Percussion- und Schlaginstrumenten-Arrangements
geprägtes Stück mit sehr schönem weiblichen Gesang,
welches mit seiner orientalischen Atmosphäre fast schon
an Dead Can Dance erinnert. Definitiv eines der Highlights auf
God Of Hell!
Total War bietet dann wieder harten, tanzbaren Stoff,
allerdings folgt dann das einzige schwächere Stück
der CD. Auch bei den anderen Stücken erfinden THE
RETROSIC den EBM nicht neu, aber die einzelnen Versatzstücke
sind einfach perfekt miteinander kombiniert und abgestimmt,
wodurch man sich der beabsichtigten Wirkung nur schwer entziehen
kann. Bei Antichrist funktioniert diese Mischung aber
nicht so recht; was auf anderen Veröffentlichungen zu den
besseren Songs gehören würde, ist hier im direkten
Vergleich nur Durchschnitt. Das Instrumental Sphere
ist hingegen wieder ein gelungener Track und besticht durch
die schöne Atmosphäre und das EBM-untypische Schlagzeug.
Mit dem nach SciFi-Soundtrack klingenden Outro Tears In
Rain wird dann God Of Hell offiziell
beendet, allerdings befindet sich zumindest auf meinem DigiPack
noch ein kurzer Hidden Track ohne Bezeichnung, der aber eher
als Soundcollage denn als richtiges Stück durchgeht.
Weiterhin findet sich in dem Digi noch eine Bonus-CD, betitelt
als Servant Of Hell. Diese enthält
vier alternative Versionen einiger Album-Tracks sowie mit Passion
einen weiteren, bisher unveröffentlichten Song. Tale
Of Woe ist hier wesentlich ruhiger und hat eine Art Mittelalter-Touch
verpasst bekommen, Maneater liegt quasi in der Maxi-Version
vor, Elysium kann auch als reines Instrumental überzeugen,
während The Storm mit dem weiblichen, an die klassische
Oper angelehnten Gesang zwar durchaus interessant klingt, aber
gegenüber dem Original doch etwas verliert. Passion
schließlich entpuppt sich als sehr düsteres und nur
spärlich instrumentalisiertes Stück von lediglich
zwei Minuten Länge und ist ebenfalls mit dem weiblichen
Operngesang versehen. Ganz nett, aber als Kaufanreiz sicherlich
zu schwach, was man aber nicht von dem noch zusätzlich
mitgelieferten Video zu The Storm sagen kann, welches
visuell wirklich gut umgesetzt wurde.
Insgesamt gesehen haben THE RETROSIC mit diesem
Album ganz klar die Referenz für die nächste Zeit,
vielleicht sogar für die nächsten Jahre im härteren
Electro-Geschehen vorgelegt. Wer auf diese Art von Musik steht,
der wird God Of Hell nur schwerlich
ignorieren können. Bei mir schrammen die Bayern jedenfalls
nur denkbar knapp an der Höchstnote vorbei.