Der Titel Lionheart beschreibt die enthaltene Musik perfekt: einerseits unglaublich bissig und aggressiv, zeigen manche Kompositionen auch eine herzliche, harmonische, ja durchaus fragile Komponente auf, die dem Album einen wandelbaren und abwechslungsreichen Charakter verleihen.
Diese Vielseitigkeit beginnt bei der versierten Vokalakrobatik, von intensivem Kreischgesang mit At-The-Gates-Vibes über voluminöse Growls bis hin zu gesprochenen Passagen und dezentem Frauengesang wird alles ausgelotet, was die Stimmbandbandbreite so hergibt.
Schon der Opener Take Your Fear verbindet Melancholie und kratzige Heaviness in formidabler Manier, herrlich melodische Leads und ein einfach eingängiger Refrain wirken bei Down Through The Gardens als zusätzliche Earcatcher. So richtig spannend und gänsehautfördernd packt mich die emotionale und doch vollkommen unkitschige Halbballade The Mirror Of Tragedy mit dynamischen Steigerungen und beinahe verletzlichen Anklängen.
Truth Unfolds betört durch vielstimmig präsentierte Textpassagen und eine Vielzahl an Stimmungen, da käme eine Verschnaufpause gerade recht...doch nix da, die treibenden Rhythmen des Titelstücks Lionheart lassen mich nicht zur Ruhe kommen – das zunächst relaxt groovende Instrumentalstück The Ice Storm schafft Abhilfe, ehe The Light Will Rape Us All wieder eine verletzungsgefährdende Struktur für die Nackenwirbeln aufweist. Eindimensionalität bleibt allerdings weiterhin durch fließende Taktwechsel ein Fremdwort. Sehr schöne, aber keineswegs plakative Leads offerieren das richtige Maß an Melodie, ohne die Aggression in den Hintergrund zu drängen.
Das epische Punishment Of Life begeistert mit filigran gezogenen Melodiebögen sowie feinfühligem Gesang, bevor sich unterschwellige Wut breitmacht, wodurch das Stück einen inneren Kampf aus trauriger Melancholie und verzweifeltem Aufbrausen widerspiegelt. Der hervorragende Sänger William Bergbacka packt bei Suicidal Final Art noch einmal tief in die vokale Trickkiste, denn hysterische Schreie, herzlicher Klargesang sowie voluminöse Growls werden sehr intensiv und äußerst gekonnt zur Veredlung des variantenreichen, höchst dynamischen Stücks eingesetzt. Das ruhige The Passage rundet das Album formidabel ab und beendet ein reichhaltiges, spannendes und vielschichtiges Werk mit Langzeitwirkung.