OPETH – Deliverance

 
Label: Music For Nation
Release: 04.11.2002
Von: Wade
Punkte: 10/10
Time: 61:52
Stil: Progressive Death Metal
URL: Opeth
 

Bevor ich meine Review beginne, sollte ich fairerweise ein paar Dinge erwähnen. Zunächst muss ich eine Sünde gestehen: ich hab keine originale CD in meinen Besitz. Ich habe das Cover Artwork auf der offiziellen Bandpage gesehen und daraufhin alle Songs runtergeladen. Aber ich werde mir auf jeden Fall dieses Metal Meisterwerk kaufen, sobald es hier in den Staaten veröffentlicht wurde (11. November). An alle Fans, die das lesen und dasselbe tun, ich meine, Musik runterladen oder generelles Benutzen von diesen Sharing-Programmen: ich flehe euch an, kauft die Alben, wenn sie dann veröffentlicht wurden! Einen Künstler nicht für seine Arbeit zu bezahlen, ist nicht nur kriminell, es ist auch - meiner bescheidenen Meinung nach - ausgesprochen respektlos! Was mich zum nächsten Vorabpunkt meiner Review führt ... Meine Ansichten über OPETH sind SEHR voreingenommen! Ich höre OPETH seit nunmehr 5 Jahren und seit mindestens 4 Jahren sind sie meine absolute Lieblingsband. Ich verliebte mich in OPETH’s zweites Album Morningrise 1997 und bin seit dem ein absoluter Fan. Die Band hört nicht auf, mich mit jedem neuen Album auf’s neue zu erstaunen und ihre Musik bedeutet mir eine Menge. Auf diese Art ist es schon ein bisschen seltsam darüber zu schreiben, ohne das Booklet oder die Hülle von Deliverance in der Hand zu haben. Jedenfalls hab ich mich trotz eines kurzen inneren Konfliktes entschieden, euch diese Review zu präsentieren ;)

Wir haben 2002 und 2003 steht vor der Tür. Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber für mich war dieses Jahr ein ziemlich lahmes Jahr in Sachen Metal. In diesem Jahr haben mich nicht besonders viele Veröffentlichungen in Ekstase versetzt, so wie in den Jahren zuvor. Aber macht euch keine Sorgen, ein neues Stück absoluter Großartigkeit ist hier! Und was für ein großartiges Teil dieses Werk ist! Ein weiteres überwältigendes Kapitel in OPETH’s Serie der Vortrefflichkeit! Dieses Album ist also der erste Part in dieser Doppelbox. Deliverance und Damnation, welches im März 2003 veröffentlicht werden wird. Jedes mal, seit ihrem Debüt Orchid, waren OPETH bestrebt, die Heaviness und Dunkelheit des Death Metal mit sanften, beschaulichen und akustische Folkelementen und klarem Gesang zu kombinieren. Die Band trotzt wirklich jeder Kategorisierung. Aber falls das mal wirklich jemand tun müsste, könnte man OPETH nur als eine sehr progressive Form des Death Metal beschreiben. Und sogar das scheint noch zu begrenzt zu sein. Und während sich andere Bands an diesem Kunststück versuchen, vermochte es doch niemand, das auf einem mit OPETH vergleichbaren Level zu tun. Es scheint, dass eine Menge Bands sich an ähnlichem Sound und Atmosphäre versuchen. Manche bekommen das exzellent hin (Agalloch, Novembre ... wohlgemerkt keine OPETH Klone!), andere eben nicht.
Wie auch immer, diesmal hat sich die Band entschieden, ihre ureigensten 2 Elemente (elektrisch und akustisch, Death Metal und Folk, Dunkelheit und Helligkeit) auf 2 separaten Einheiten zu präsentieren – Deliverance (HEAVY) und Damnation (MELLOW). Sollte man aber so nicht generell zuordnen. Dieses Album hat noch immer sanfte, leichte und schöne Momente, wie man sie von den vergangenen Veröffentlichungen her kennt. Allerdings kombiniert mit der bis dato wahrscheinlich heftigsten musikalischen Grundaussage. Wie auch immer, das ist definitiv KEIN einfach geradliniges Death Metal Album. Es hat immer wieder seine Momente beschaulicher Schönheit, akustischer Sanftheit und den feinen cleanen Schmachtgesang von Mikael Åckerfeldt. Die Heftigkeit jedenfalls erreicht beinahe eine Intensität wie bei Morbid Angel. Stampfende Double Bass, schnelle Riffs und Solos, die regelrecht aus dem Lautsprecher schießen.
Der Opener Wreath ist ein gutes Beispiel dafür, weil es den geneigten Hörer sofortig mit seiner heftigen Klangschlacht attackiert. Der zweite und Titeltrack Deliverance erinnert mich aus irgendeinem Grund an Black Rose Immortal vom Morningrise Album. Ich will nicht sagen, das der zweite Track genauso klingt, es ist nur, das beide Songs ein gutes Beispiel dafür sind, was OPETH‘s wahres Talent zu sein scheint: ihre Fähigkeit, den Hörer so durch ihre Musik zu bringen, dass man in einem Moment auf Wolken schwebt, nur, um im nächsten Moment in die tiefsten Abgründe der Hölle zu fallen. Und für so manchen Metalhead ist das sicherlich nicht immer die willkommenste Aussicht. Deliverance hat auch super progressive Riffs, kombiniert mit Ehrfurcht gebietenden Becken und Double Bass von Martin Lopez zu bieten. Und wieder, gewissermaßen, könnte jemand diese Musik beinahe mit einem Ritt in einem Kanu auf einem wahnsinnig reißenden Fluss vergleichen, welcher einem mit High-Speed davonträgt. Du könntest zwar auch an eine sanfte Stelle gelangen, aber freu dich nicht zu früh, sogar noch wilderes Wasser liegt vor dir. OPETH Alben sind nun mal so. Ja, man könnte sie beinahe als Audio Abenteurer beschreiben. Die Band wechselt ständig die Gangart und lässt den Hörer niemals bei einem Part verweilen. Wann immer du meinst, ein Muster zu erfühlen, zu hören, musst du damit rechnen, das es sich ändert. Die Sache ist, das alles so fantastisch arrangiert ist und mit solcher Zielsetzung, das es beinahe unmöglich ist, nicht von diesem akustischen Netz verschlungen zu werden, welches die Band da webt. Der dritte Song A Fair Judgement bietet all die cleanen Vocals, getragen von den heftigen und leichten Elementen, von denen ich schon zuvor gesprochen habe. Und dennoch, so bei 8:06 Minuten kommt plötzlich ein gewaltiges Riff aus dem Nirgendwo, welches Bilder von wahrlich konfrontierender Verdammnis und Schicksal heraufbeschwört, der man völlig hilflos ausgeliefert ist. Es folgt ein kurzes und schönes akustisches Instrumental namens For Absent Friends. Dieser Song bietet einige akustische Pickings und ein leichtes elektrisches Solo über dem Ganzen. Und wieder, die Beschaulichkeit wird vom fünften Song Master‘s Apprentice zerschmettert. Und dieser Song lässt im positiven Sinne mein Blut wallen! Das Riffing und die Double Bass erinnern mich wieder an Morbid Angel, aber nicht als billige Kopie, sondern eher in einem ähnlichen Stil. Dieser Song überträgt außerdem einen bestimmten Groove, den ich einfach nur liebe. Der vernichtet alles! Sorry, wenn ich wie ein kreischendes Teenie Groupie klinge, aber das ist der einzige Weg, wie ich das beschreiben kann. Der Song scheint in die gleiche Kerbe wie Morbid Angel’s Slime Life zu schlagen, nur um mal einen Vergleich zu ziehen. Wickedly kicks ass fucking bad!!! Der Song geht allerdings nicht so in dieser Manier weiter. Etwas später gibt es cleanen Gesang und sanfte Melodiebögen, und die sind wahrlich großartig! Der Song wirkt beinahe auf einem wie ein verdammter Gefangener, der auf sein Schicksal trifft (und wieder habe ich keine Texte). Gleichwohl der Gefangene auf das was kommen wird, vorbereitet ist. Der Akustik Part bei der 6 Minuten Marke ist ebenfalls wahrlich hinreißend und der Gesang bei ca. 7Minuten Laufzeit vermittelt wieder ein schwebendes Gefühl, bis der Dämon wieder in die Hölle fällt, um dann aus dem Nirgendwo aufzutauchen. OPETH zu lauschen ist wie ein gutes Buch zu lesen, das man nicht aus der Hand legen kann. Man blättert Seite für Seite weiter in Erwartung dessen, was noch kommen mag.
Und wie alle guten Geschichtenerzähler nehmen sich OPETH Zeit, bis sie alle gewünschten Effekte vollenden. Der einzige Song, der weniger als 10 Minuten hat, ist For Absent Friends, ein kurzes instrumentales Stück. Beim Abschlusssong By The Pain I See In Others zeigt sich die Band etwas experimentierfreudig. Der Song startet mit einem elektrischen Gitarren-Riff und einem Soundsample, das wie ein antikes Radio klingt. Mikael benutzt außerdem ein ziemlich coolen Effekt für seine Growls, so dass seine Stimme nun vom Grund eines Moores zu kommen scheint, oder durch eine rauchgefüllte Wasserpfeife. Es gibt außerdem ein fantastisches Lead, der das Können der Band in Sachen Melodie aufzeigt. Und wieder experimentiert der Song mit einem beinahe karnevalistisch klingendem Organ über einigen cleanen Vocals, etwas, was die Band bisher noch nie getan hat.
Wie bei dem vorhergehendem Album Blackwater Park scheint Produzent und Porcupine Tree Mastermind Steve Wilson auch hier wieder ein paar von seinen eigenen Tricks beim Abmischen des Albums eingebracht zu haben, um wieder einen wirklich interessanten Sound zu erschaffen. Elemente der World Musik erscheinen hier und da, zusammen mit diesem karnevalartigem Sound, den ich vorher schon erwähnte. Der Song klingt am Ende mit einsam klagenden Gesang nach kurzer Stille aus. Das erinnert mich irgendwie in seiner Art und Weise an einen Part auf New Dark Age der Band Solstice. Und wieder – um ein mentales Bild zu skizzieren – ist es, als wenn ein einsamer Krieger auf der Spitze des höchsten Berges steht und zu denen singt, die zu seinen Füßen stehen. Oder vielleicht über ihm? So oder so, das ist wirklich cool und wird den geneigten Hörer, der darauf nicht gefasst ist, überraschen.

Alles in allem Deliverance ist es ein SEHR gutes Album, das meine höchste Empfehlung bekommt. Im Augenblick ist das mein Tipp für das Album des Jahres 2002! Und ich sehe sowohl in den vergangenen Monaten, als auch in nächster Zeit keine andere Band, die dieses für sich beanspruchen könnte. Alle Bandmitglieder sind in top Form und Mikaels Stimme war nie besser. Sein cleaner Gesang ist erstklassig im Transportieren zerbrechlicher Emotionen, etwas, das eine Menge Sänger versuchen, aber nie erreichen. Seine Death Growls haben niemals höllischer geklungen. Ich meine, das klingt wirklich, als kämen sie aus den tiefsten Eingeweiden der Hölle. Meiner Meinung nach ist Mikael Åckerfeld zur Zeit der bester Sänger in der Metal Gemeinde. Ich kenne keinen, der so heftig growlen kann, jedoch mit solch einer schmalzigen Leichtigkeit, wie er. Gar nicht erst zu erwähnen sein Gitarrenspiel. Er und sein Co-Gitarrist Peter Lindgren kommen mit den interessantesten Riffs rüber, die ich jemals gehört habe. Basser Martin Mendez macht – wie immer – einen ausgezeichneten Job in seiner Abteilung. Und der Drummer Martin Lopez scheint sich mit jedem neuen Album deutlich zu verbessern. Sein Job auf Deliverance ist von seiner Double Bass Arbeit bis hin zu den Becken Krachern wahrlich phänomenal. Nun schmeiß noch Produzent Steve Wilson dazwischen und man bekommt das beste Kraftpaket an Talenten, das die Musik Szene bisher zu Gesicht bekommen hat. Im Moment würde ich sogar sagen, das Deliverance ein bisschen besser als Blackwater Park ist. Aber ich mag das nicht wirklich sagen wollen, denn am Ende des Tages haben alle OPETH Alben bei mir das selbe Level. Also ein weiteres exzellentes Kapitel in der Band Karriere beim Beherrschen ihres Handwerkes.