OOMPH! – Monster

 
Label: Gun Records
Release: 22.08.2008
Von: the.wangacopta/Joking
Punkte: 9/10 - 4.5/10
Time: 39:01
Stil: Elektro Metal
URL: Oomph!
 

the.wangacopta:
Welche Erwartungen stellt man an das 10. Studioalbum einer Band, die in ihrer fast 20-jährigen Bandhistorie mehrfach mit Platin bestückt wurde? Ganz klar, zum Jubiläumsalbum muss der Stoff so gestrickt sein, dass er all das bisher gesammelte Edelmetall mit einem Wurf verdoppelt. Aber Freunde, OOMPH! wäre nicht die Band die sie heute ist, wenn sie regelmäßig versucht hätte, es allen und jeden recht zu machen. Im Gegenteil, allen Erfolg und Angeboten zum Trotz haben sich die Wolfsburger zurückgezogen, um die prägnantesten Eigenschaften ihrer Karriere zu bündeln, um das Jubiläumsalbum auch als ein würdiges solches zu veröffentlichen. Und das ist OOMPH! mehr als gelungen! Die Scheibe heißt nicht nur Monster – sie ist es auch. Beim Ersten Mal Tut’s Immer Weh eröffnet im Beautiful People Style, EBM-Synthies hämmern in Revolution, bevor andere Töne im originellen Rock-Tango In Deinen Hüften oder in der unter die Haut gehenden Piano-/Streicher Ballade Auf Kurs angeschlagen werden. Zwischen diesen Extremen glänzen OOMPH! mit ihren typischen Trademarks: unnachahmlich eingängige Refrains, mächtige Gitarren-Riffs, tanzbare Beats, geschickte Elektro-Akzente und gefühlvolle Breaks mit soundtrackartigen Passagen, verfeinert um einen Schuss Pathos. Der spiegelt sich abermals in den Texten wieder. Natürlich befasst sich Dero wieder ausgiebig mit seinem Lieblingsthema, der menschlichen Psyche. Auch die ist gerne Monster! Geiselnehmer der Marke Kampusch oder der Inzest Vater von Amstetten werden genauso thematisiert wie die in fantasievollen Metaphern dargestellte Geburt in Lass Mich Raus. Absolutes Highlight für mich ist allerdings die musikalische Inszenierung vom Rotkäppchen-Märchen in Wer Schön Sein Will Muss Leiden. Die Umsetzung und die Verbindung zur Neuzeit sind absolut genial! Nicht nur die Intelligenz, mit der OOMPH! auf ihrem Jubiläumsalbum brillieren, ist beachtlich. Vielmehr ist es das gesamte Erscheinungsbild mit all seinen Facetten das auf ganzer Linie zu begeistern weiß. Einfach ein Monster von einem Album!

Joking:
Was als erstes auffällt am neuen Output OOMPH!s, ist der blecherne Klang. Da klingen Mittelklasse und high endige Anlagen völlig übersteuert, teilweise so, als hätte es die Membranen der Boxen zerfetzt, sobald der Volumeregler über Zimmerlautstärke gedreht wird. Wieder so ein überkomprimiertes Produkt, das in erster Linie für die MP3-Player dieser Welt gedacht ist? Musikalisch sieht es auf dem zehnten Werk der Wolfsburger Band nicht viel besser aus. Leichtgängiger Gothic-Rock mit EBM-Anleihen, dessen Härte nicht wehtut und der melodisch gerne zu den Charts hinüberlinst. Ein Plätzchen zwischen Rammstein, Marilyn Manson und LaFee wird sich da bestimmt finden lassen. Über weite Teile kommt das wie ein Plagiat daher, wobei man OOMPH! zugute halten kann, dass sie hauptsächlich bei sich selbst klauen. Von der Masche her – der klagende Gesang Deros, unterbrochen vom altklugen Kinderstimmchen –, ist vor allem die Schönheitswahn-Kritik Wer Schön Sein Will Muss Leiden ein dreister Augen Auf!-Klon. Das Rammstein OOMPH! als ihre Vorbilder bezeichneten, hat sich auf Monster eher ins Gegenteil verkehrt. Neben Wach Auf!, dessen stakkatohafte Plattitüde wie die Hommage einer mäßig begabten Cover-Band wirkt, weist Labyrinth, neben Anleihen wiederum beim eigenen Augen Auf!, einige Ähnlichkeit mit Rammsteins Links 234 auf, was der Text freilich auch provoziert. Textlich hat Monster per se einige Höhepunkte zu bieten – allerdings der unfreiwillig komischen Art. Sei’s der musikalisch simple, aber halbwegs reizvolle Geburtsvorbereitungskurs Lass Mich Raus, der in den unsterblichen Zeilen mündet: „Spreiz die Beine Mutter“, oder das absolute Highlight „Die Leiter“: „Die Leiter steht am Horizont, dass du weinst sieht nur der Mond“ lässt Tränen der Rührung in die Augen schießen, gemahnt es doch an die Glanzzeiten deutscher Rockmusiklyrik in den 70-ern, als Novalis (die Band) noch dichtete „Wer Schmetterlinge lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken“. Es existieren zwar auch leidlich erträgliche Texte auf dem Album, aber allzu oft schrammt die Band nur knapp am Abgrund vorbei oder fliegt mitten hinein; so ist auch der plakative AIDS-Aufklärungstango In deinen Hüften eher albern als bewegend. Über mangelnde Abwechslung kann man sich auf Monster indes nicht beklagen. Selbst Balladeskes findet sich, was aber nicht gerade zu OOMPH!s Stärken gehört. Wenn das orchestrale Auf Kurs mehr schlecht als recht in Achim Reichels Gestaden fischt, bleibt wiederum kein Auge trocken. Das sich neben leicht ausgefallenen Ideen, wie dem Einsatz eines Akkordeons, noch jede Menge käsige Synthesizer und künstliche Bläser finden lassen, vieles bereits viel zu oft gespielt und gehört wurde, lässt die knapp 50-minütige Spielzeit nur zäh verrinnen. Leider haben die Songs teilweise Ohrwurmcharakter, sodass sie einen noch verfolgen, wenn sie bereits im Orkus des Vergessens verschwunden sein sollten. Das ist vermutlich das Monströseste an dieser Harmlosigkeit von Album.