NEVERMORE – This Godless Endeavor

 
Label: Century Media
Release: 25.07.2005
Von: Psycho
Punkte: 10/10
Time: 57:16
Stil: Progressive Power Metal
URL: Nevermore
 

Gab es irgendwelche Zweifel daran, dass auch der neueste Output aus dem Hause NEVERMORE wieder ein absolut brillantes Stück Musik sein würde? Eigentlich nicht, trotz des langwierigen Label-Hickhack und dem etwas kuriosen Versuch, das ausschließlich produktionstechnisch missglückte letzte Album Enemies Of Reality durch eine Remix-CD doch noch in ein besseres Licht zu rücken. Zumindest diese Sorge braucht man bei This Godless Endeavor jedoch nicht zu haben, denn der Sound wurde von Andy Sneap kompromisslos gut eingefangen und unterstützt so alle Belange der NEVERMORE’schen Aussagekraft perfekt.
Wobei wir zugleich die Vokabel genannt hätten, die dieses Album am besten umschreibt! Denn die Herren aus Seattle leisten sich diesmal wirklich nicht den Hauch einer Schwäche. Jedes, und ich meine in der Tat jedes, einzelne Stück ist für sich genommen einfach... perfekt. Da berührt den Hörer jedes einzelne Riff, die Melodien, Übergänge und Breaks sind einfach wunderbar und teilweise unglaublich emotional; dazu macht alles an der richtigen Stelle Sinn, und es gibt keine überflüssigen Schnörkel oder etwa auf der anderen Seite Dinge, die man vielleicht vermissen würde. Mit Steve Smyth als zweiter Gitarrist hat man sich zudem extrem geschickt verstärkt; der Mann harmoniert nicht nur hervorragend mit Jeff Loomis, sondern profiliert sich auch gleich noch als mindestens genauso guter Komponist. Ebenso läuft Warrel Dane auf This Godless Endeavor (wieder einmal) zu großer Form auf, was nicht nur seine höchst abwechslungsreichen Gesangslinien und den stimmlichen Umfang betrifft, sondern auch die Texte, die sich mit der für ihn charakteristischen zynischen Hoffnungslosigkeit über unsere gesellschaftlichen und menschlichen Auswüchse hermachen.
Musikalisch vermengen NEVERMORE auch auf diesem Album geschickt anspruchsvollen, harten Power Metal mit Thrash und progressiven Elementen. Bereits der Opener Born fängt unerwartet fix an, bevor einen das charakteristische Riffing endgültig in den Bann zieht und nahtlos in die beiden folgenden Tracks Final Product und My Acid Words übergeht, die einfach klassisches NEVERMORE-Futter in der Reinkultur darstellen; ein furioser Auftakt also! Aber erst danach (!) zeigt die Band ihre ganze Stärke: das eher mittelschnelle und an sich sperrige Bittersweat Feast verfügt über unglaublich hypnotische Riffs und interessante Gitarreneffekte, während sich Sentinent 6 als einfach nur atemberaubende Ballade entpuppt. Als ob das nicht reicht, folgt später mit Sell My Heart For Stones noch eine zweite Ballade gleichen Kalibers.
Und obwohl so eine überzeugende Meisterleistung nach der anderen folgt: das Beste hat sich die Band doch tatsächlich für den Schluss aufgehoben. Denn wenn ein Titelstück jemals würdig war, diese Bezeichnung zu führen, dann ist dies wirklich The Godless Endeavor, welches in fast neun Minuten fast schon wie das musikalische Manifest von NEVERMORE erscheint und dabei jede Facette der Band abdeckt. Doch so unglaublich es auch klingt: nach vielen Durchläufen kristallisiert sich für mich das vorletzte Stück A Future Uncertain als noch einen Tick besser heraus. Wenn ich das gesamte Album nicht auf die sprichwörtliche einsame Insel mitnehmen darf, dann wäre dieser Song mein Track für die Ewigkeit. Mit einem Wort: perfekt! Nach dem sehr tief gehenden akustischen Beginn gibt es hier einen Parforce-Ritt in Sachen progressiver Power Metal zu bestaunen, der einfach alle Aspekte moderner Kompositionskunst abdeckt und mich jedes Mal mit einer neuen Frisur zurücklässt. Was will man als Metalhead mehr?
Als Fazit sei daher noch einmal klar gesagt, dass This Godless Endeavor mit einer phantastischen Vielschichtigkeit und Atmosphäre aufwarten kann, dabei immer noch das volle Brett bietet und brillante Songs en Masse enthält, so dass es fast schon unfair erscheint, da noch Abstufungen vornehmen zu wollen. Bisher empfand ich immer Dreaming Neon Black als die in sich stimmigste NEVERMORE-CD, aber nun legt die Band ein Album vor, welches Kopf und Bauch gleichermaßen zu faszinieren versteht und in diesem Jahr(zehnt?) nur schwer zu übertreffen sein wird. Wem das noch nicht reicht, der sei noch auf das fantastische Artwork von Hugh Syme hingewiesen, durch das die CD auch optisch perfekt (re)präsentiert wird. Wahrlich schade, dass ich hier nicht mehr als die Höchstnote vergeben kann...