Irgendwie
ganz ohne Vorwarnung in Form von Radio- oder TV-Play einer Single
liegt hier also das neue Album The High End Of Low
von MARILYN MANSON auf dem Tisch. Vor einigen Jahren
noch hätte mich das nicht die Bohne interessiert, konnte
ich doch weder mit der Musik an sich, die bei mir schlicht unter
„ist Nu Metal und das brauch ich nicht“ abgehakt
war, und vor allem mit Mr. Manson selbst, dessen Getue und optische
Erscheinung bei mir eher Gedanken in Richtung „Möchtegern
Spinner“ und Volldepp hervor rief, etwas anfangen. Im
Laufe der Jahre hat sich meine Einstellung allerdings irgendwie
schleichend geändert. Die Musik war auf einmal zumindest
erträglich und auch meine Meinung bezüglich der Person
bzw. des Kunstwerks MARILYN MANSON hat sich durch diverse
Interviews und dem Wechsel vom Sicko-Prothesen-Freak Image zur
irgendwie schneidigen „20er Jahre meets Burlesque“
Optik auch relativiert. Ein ganzes Album habe ich bis zum heutigen
Tage allerdings nie gehört. Ist für ein Review eigentlich
eine feine Ausgangsposition, da ich nun mehr oder weniger unvoreingenommen
an The High End Of Low herangehen kann und erst
gar nicht in „früher klang der aber so und so“
Floskeln verfallen kann. Also – frisch ans Werk…
The High End Of Low klingt zu weiten Teilen auf
jeden Fall anders als ich es erwartet hätte. Sicher –
allein durch seine Stimme und seinen Gesangsstil ist schon klar,
dass hier MARILYN MANSON am Werk ist und auch diverse
Songs auf The High End Of Low kommen in bekannter
MM-Weise daher, aber mehr als die Hälfte der Songs
kommt irgendwie frisch und neu. Nach zwei relativ typischen
(zumindest soweit ich das als „nur bekannte MM-Songs
kennender“ Hörer beurteilen kann) MM Tracks
kommt Leave A Scar dann mit bisher untypischen Akustikklampfen
daher. Der Song wirkt fast schon relaxt, ist aber zugleich auch
schön stampfig und sehr eingängig. Den stampfenden
Stil findet man auch im folgenden Four Rusted Horses,
welches durch die hier verwendete Steel Guitar fast schon countrymäßig
und sehr lässig daherkommt. Viele „alte“ Manson
Einflüsse, da etwas NIN zitiert und ein White Zombie inspirierter
Groove machen dann Arma-Goddam-Motherfuckin-Geddon zum
ersten richtigen Tanzflächenfüller bevor es dann mit
dem fast schon poppigen Blank And White weitergeht, der
durch seinen ungewöhnlichen Sound fast schon als Industrial
Blues zu beschreiben ist. Im Mittelteil weist The High
End Of Low meines Erachtens nach dann leider einige
schwächere Tracks auf. Tracks wie I Want To Kill You
Like They Do In The Movies, WOW und Wight Spider
sind für meinen Geschmack zu zäh, sperrig, in gewissem
Maße einfach nervig und nehmen viel von der Frische des
ersten Albumdrittels.
Erst das recht ruhige, aber mit einem richtig genialen Refrain
versehene, Unkillable Monster und das elektropunkige
We’re From America lassen mich wieder richtig aufhorchen
und leiten das letzte, wieder sehr hörenswerte, Drittel
von The High End Of Low ein.
Die meisten Songs auf The High End Of Low präsentieren
sich im angenehmen Midtempobereich, laden zum Kopfnicken ein,
wirken irgendwie relaxt und heavy zugleich und bieten dem Hörer
relativ viel Neues und MARILYN MANSON untypisches. Ohne
den meiner Meinung eher schwachen und unspannenden Mittelteil
hätten wir ein echtes Highlight vorliegen. Trotzdem ist
The High End Of Low aber auf jeden Fall ein gelungenes
und hörenswertes Album. Das Album ist kein absolutes Muss
und wird mich wohl auch nicht dazu verleiten, mich mit den früheren
Sachen zu beschäftigen, eine durchaus lohnenswerte Anschaffung
ist es aber allemal.