Die eigentlich
faustdicke Überraschung in diesem mit interessanten Veröffentlichungen
reichlich gesegnetem Sommer kommt von den Erfindern des Cyber
Metals, nämlich FEAR FACTORY. Nachdem
das letzte Album Archetype unerwartet
brachial und die Nackenmuskulatur malträtierend daher kam,
stilistisch allerdings ganz auf Nummer sicher getrimmt war,
ergab sich natürlich eine entsprechend hohe Erwartungshaltung
für den Nachfolger Transgression.
Um es vorweg zu nehmen: diesem Druck (?) hält das Album
eigentlich zu keiner Sekunde stand. Das liegt nicht nur an der
merkwürdig flachen, manchmal fast schon gepresst oder gar
breiig wirkenden Produktion, sondern vor allem an dem vollzogenen
Stilwechsel, den Band hier präsentiert. Denn diesmal haben
FEAR FACTORY das Ruder eindeutig zu weit in
Richtung Nu Metal gezogen und erinnern mich daher manchmal gar
an eine Mischung aus altem Souls...-Material
mit etwas Hardcore und einem Schuss zuviel Korn und Konsorten
(und das nicht nur wegen Burton C. Bells neuer Poppelbremse).
Zwar finden sich an allen Ecken und Enden die gewohnt gekonnt
inszenierten Stop-and-Go-Thematiken und reichlich mit den Gitarrenriffs
mitlaufende Doublebass, aber insgesamt fehlt die brutale Dynamik
alter Glanztaten, die Konsequenz und Brillanz im Songwriting
und vor allem diese mechanisch-düstere Atmosphäre,
die früher für FF so charakteristisch
war. Transgression klingt so im Prinzip
nach urbanem Krach von heute und nicht nach einer SF/HighTech-Zerstörungsorgie
von morgen. Schade...
Nur wenige Stücke können zu alten Glanztaten aufschließen
oder aber neue Glanzzeichen setzen. Da wäre z.B. Contagion
zu nennen, welches noch am ehesten an altes Material erinnert,
oder aber die erste Single Moment Of Impact, die zwar
mit am meisten den neuen Stil verkörpert, dies aber äußerst
gekonnt vermag und mit bollerndem Charme daher kommt.
Tracks wie 540.000 Fahrenheit, Spinal Compression
oder die episch angelegte Ballade Echo Of My Scream
haben hingegen zwar durchaus gelungene Momente, können
aber den Spannungsbogen nie über die gesamte Länge
aufrecht erhalten und gleiten dann schnell in eine Art zwiespältige
Langeweile ab: an sich sehr professionell gemachte Musik, die
aber einfach nicht richtig Arsch treten will.
Supernova ist dagegen fast schon poppig zu nennen,
aber trotzdem einer der stärkeren Songs auf der CD, auch
wenn ich mich immer wieder bei dem Gedanken erwische, dass ich
mir für diese Art von Musik keine FEAR FACTORY-CD
kaufen müsste.
Das ist aber immer noch besser als sich belangloses Material
wie New Promise anhören zu müssen, welches
sich als totaler Lückenfüller entpuppt. Gleiches gilt
auch für die gleich zwei (!) Cover-Versionen, die im übrigen
einfach ohne irgendwelche auffälligen Bearbeitungen nachgespielt
werden: U2s I Will Follow kriegen die Iren selber allemal
schmissiger hin, und gleiches gilt auch für Killing Jokes
Millennium; das ist im Original enorm rotziger und
hat dort deutlich mehr Biss. Spätestens jetzt drängt
sich der Eindruck auf, dass die Band eigentlich eine EP veröffentlichen,
das Label aber unbedingt ein ganzes Album haben wollte, so dass
auf die Schnelle noch irgendetwas aufgenommen werden musste...
Die der Limited Edition beigelegte Bonus DVD vermag dann auch
keinen wirklichen Mehrwert zu erzeugen. Ob Transgression
in Enhanced Audio besser klingt kann ich mangels geeigneter
Anlagen-Konstellation nicht beurteilen, die angekündigten
Videos des Titeltracks, Spinal Compression und Moment
Of Impact entpuppen sich leider als mitgeschnittene Aufnahmen
aus dem Tour Rehearsal-Raum, und die in drei Teile gegliederte
Making Of Transgression Documentary bietet auch keine spannenden
neuen Erkenntnisse (und im Gegensatz zu den Produkten anderen
Labels/Bands auch keinerlei Untertitel etc.) Immerhin hat mir
die Menüführung ganz gut gefallen...
Insgesamt wird dieses Album bei den Fans der Band wohl ähnliche
Kontroversen hervorrufen wie es seinerzeit Digimortal
tat. Mir persönlich sagt die neue Linie und vor allem ihre
Umsetzung aber nicht so recht zu, so dass es trotz einiger durchaus
gelungener Songs diesmal nur zu 6,5 Punkten reicht. Was für
eine Band von diesem Kaliber natürlich ganz klar eine herbe
Enttäuschung ist...