FEAR FACTORY – Transgression

 
Label: Roadrunner Records
Release: 22.08.2005
Von: Psycho
Punkte: 6.5/10
Time: 52:57
Stil: Nu Industrial Metal
URL: Fear Factory
 

Die eigentlich faustdicke Überraschung in diesem mit interessanten Veröffentlichungen reichlich gesegnetem Sommer kommt von den Erfindern des Cyber Metals, nämlich FEAR FACTORY. Nachdem das letzte Album Archetype unerwartet brachial und die Nackenmuskulatur malträtierend daher kam, stilistisch allerdings ganz auf Nummer sicher getrimmt war, ergab sich natürlich eine entsprechend hohe Erwartungshaltung für den Nachfolger Transgression.
Um es vorweg zu nehmen: diesem Druck (?) hält das Album eigentlich zu keiner Sekunde stand. Das liegt nicht nur an der merkwürdig flachen, manchmal fast schon gepresst oder gar breiig wirkenden Produktion, sondern vor allem an dem vollzogenen Stilwechsel, den Band hier präsentiert. Denn diesmal haben FEAR FACTORY das Ruder eindeutig zu weit in Richtung Nu Metal gezogen und erinnern mich daher manchmal gar an eine Mischung aus altem Souls...-Material mit etwas Hardcore und einem Schuss zuviel Korn und Konsorten (und das nicht nur wegen Burton C. Bells neuer Poppelbremse). Zwar finden sich an allen Ecken und Enden die gewohnt gekonnt inszenierten Stop-and-Go-Thematiken und reichlich mit den Gitarrenriffs mitlaufende Doublebass, aber insgesamt fehlt die brutale Dynamik alter Glanztaten, die Konsequenz und Brillanz im Songwriting und vor allem diese mechanisch-düstere Atmosphäre, die früher für FF so charakteristisch war. Transgression klingt so im Prinzip nach urbanem Krach von heute und nicht nach einer SF/HighTech-Zerstörungsorgie von morgen. Schade...
Nur wenige Stücke können zu alten Glanztaten aufschließen oder aber neue Glanzzeichen setzen. Da wäre z.B. Contagion zu nennen, welches noch am ehesten an altes Material erinnert, oder aber die erste Single Moment Of Impact, die zwar mit am meisten den neuen Stil verkörpert, dies aber äußerst gekonnt vermag und mit bollerndem Charme daher kommt.
Tracks wie 540.000 Fahrenheit, Spinal Compression oder die episch angelegte Ballade Echo Of My Scream haben hingegen zwar durchaus gelungene Momente, können aber den Spannungsbogen nie über die gesamte Länge aufrecht erhalten und gleiten dann schnell in eine Art zwiespältige Langeweile ab: an sich sehr professionell gemachte Musik, die aber einfach nicht richtig Arsch treten will.
Supernova ist dagegen fast schon poppig zu nennen, aber trotzdem einer der stärkeren Songs auf der CD, auch wenn ich mich immer wieder bei dem Gedanken erwische, dass ich mir für diese Art von Musik keine FEAR FACTORY-CD kaufen müsste.
Das ist aber immer noch besser als sich belangloses Material wie New Promise anhören zu müssen, welches sich als totaler Lückenfüller entpuppt. Gleiches gilt auch für die gleich zwei (!) Cover-Versionen, die im übrigen einfach ohne irgendwelche auffälligen Bearbeitungen nachgespielt werden: U2s I Will Follow kriegen die Iren selber allemal schmissiger hin, und gleiches gilt auch für Killing Jokes Millennium; das ist im Original enorm rotziger und hat dort deutlich mehr Biss. Spätestens jetzt drängt sich der Eindruck auf, dass die Band eigentlich eine EP veröffentlichen, das Label aber unbedingt ein ganzes Album haben wollte, so dass auf die Schnelle noch irgendetwas aufgenommen werden musste...
Die der Limited Edition beigelegte Bonus DVD vermag dann auch keinen wirklichen Mehrwert zu erzeugen. Ob Transgression in Enhanced Audio besser klingt kann ich mangels geeigneter Anlagen-Konstellation nicht beurteilen, die angekündigten Videos des Titeltracks, Spinal Compression und Moment Of Impact entpuppen sich leider als mitgeschnittene Aufnahmen aus dem Tour Rehearsal-Raum, und die in drei Teile gegliederte Making Of Transgression Documentary bietet auch keine spannenden neuen Erkenntnisse (und im Gegensatz zu den Produkten anderen Labels/Bands auch keinerlei Untertitel etc.) Immerhin hat mir die Menüführung ganz gut gefallen...
Insgesamt wird dieses Album bei den Fans der Band wohl ähnliche Kontroversen hervorrufen wie es seinerzeit Digimortal tat. Mir persönlich sagt die neue Linie und vor allem ihre Umsetzung aber nicht so recht zu, so dass es trotz einiger durchaus gelungener Songs diesmal nur zu 6,5 Punkten reicht. Was für eine Band von diesem Kaliber natürlich ganz klar eine herbe Enttäuschung ist...