EISHEILIG – Imperium

 
Label: Drakkar
Release: 18.09.2009
Von: Joking
Punkte: 4/10
Time: 36:27
Stil: Gothic Dark Metal
URL: Eisheilig
 
Was für ein Humbug...
„Ihr seid die Triebwerke im System [...], tanzt und lauft, die Uhren können nicht still stehen; tragt den Kampf ins Herz der Bestie. Ausbeutung ist ihr Gesicht“. Agitieren möchten EISHEILIG so gern, ein Statement abgeben, „die Musikgewordene Antwort auf die Krise unserer Tage“ sein. Radikales Engagement ist kein schlechter Ansatz in einer Zeit, in der das Beziehen von eindeutigen Positionen gerne mit einem Naserümpfen betrachtet wird. Doch welche Position beziehen EISHEILIG? Salonbolschewismus, oder jene aufgeregter Idealisten, die so gerne grundlegende Weisheiten in die Binsen hinaus brüllen möchten? Irgendwo dazwischen richtet sich die Band ein, presst eisenfresserische Texte hervor, die der (eigentlich begabte und wandlungsfähige) Dennis Mikus als variationsarme Till Lindemann-Kopie sprechsingt. Mehr als Allgemeinplätze mit eingeschobener unfreiwilliger Komik werden kaum geboten. Keine Höhepunkte kritischer Auseinandersetzung, stattdessen pathetische Predigten: „Ihr seid die Strahlen am Himmelszelt, wir sind ein Heer aus Gold und Licht; wir werden kämpfen bis kein Herz mehr bricht!“ Da fehlt nur ein Engel mit seiner Weisheit des Tages.

Musikalisch geht es mit sakraler Wucht zu, orchestrale Passagen wechseln ab mit mal stimmigem (Blut der Wölfe), mal stumpfem (Erben der Erde, so eine Art Rammstein-Light) Gothic-Rock, meist Marke neue deutsche Härte von Zeitlupe bis Midtempo.
Ist das noch die Band, die das klasse Album Auf dem Weg in deine Welt veröffentlicht hat? Mit einem wandlungsfähigen Sänger, der zwischen begabtem Rock-Shouter, klarem Sänger und rüffelndem Gothic-Monster alles drauf hatte, was das Herz eines Boxers, äh Liebhabers dunkel-treibender Musik begehrt?
Und jetzt? Jetzt wird Auf dem Weg in deine Welt abgehakt als „ein sehr persönlicher Ausflug in melodiösere Gefilde [...], eine Momentaufnahme, die durch einen Paukenschlag beendet wird“. Wenn mit dem „Paukenschlag“ diese altbackene, phrasenhafte, gerade mal halbe Stündchen versemmelten pompösen Gothic-Rocks mit linden elektronischen Einflüssen gemeint ist, dann hätte es auch eine Piccolo-Flöte getan.

„Zeitgeist, das ist der Geist unserer Zeit; Zeitgeist, das ist der Geist der neuen Zeit“.
In Ulm um Ulm und um Ulm herum tanzen wir lieber den Mussolini mit DAF, besuchen in der Grauzone einen Eisbären und fahren mit Kraftwerk über die Autobahn. Ob Marylin Manson einen Song aus seinem Fundus beisteuert, ist ziemlich egal. Das mag vor zwei bis über drei Jahrzehnten entstanden sein, ist aber moderner als der aktuelle Longplayer EISHEILIGs. Da ändern auch die Industrial und Eastern Folk-Soundeinschübe im englisch gesprochenen Now We Leave nichts dran. „Follow Us“ – zum Abschluss noch eine multiple Amanda Lear. Hilfe!
Das Trauerspiel einer begabten Band. Man könnte heulen, wenn es nicht so lächerlich wäre (und ein paar wenige, feine Momente abwerfen würde).