50’s
Black Metal - wasn das? So meine erste Reaktion beim Lesen des
Infosheets zu Alternate Endings, dem Debütalbum der mir
bis dato gänzlich unbekannten Norweger DEVAR. Wer
hier, so wie ich anfangs, Fifties hier einfach mit Rock'n’Roll
gleichsetzt und DEVAR so automatisch in eine thrashig
Black'n’Roll Ecke packt, könnte eigentlich nicht
falscher liegen. Handelt es sich bei Alternate Endings
doch um ein außergewöhnliches Stück zugleich
verspielten und doch eingängigen Düster-Avantgarde
Metal mit gelegentlichen Black Metal Zitaten.
Vornehmlich ist Alternate Endings ein Album der
ineinander verschmelzenden Gegensätze. Ja, doch so könnte
man es vage bezeichnen - und kriegt es doch nicht wirklich treffend
mit diesen Worten zu packen.
Zum einen wäre da die eingangs erwähnte Verschmelzung
von Black Metal mit genrefremden Zutaten, die vom Hörer
häufig erst im Laufe des Songs richtig wahrgenommen bzw.
aufgesogen werden. Mal in Form von verschwommen und dunkel an
Blues oder Rock erinnernden Songstrukturen, die hauptsächlich
von der Rhythmussektion erst im Hintergrund aufgebaut und später
gänzlich mit einbezogen oder sogar durch jazzig anmutende
Parts elektrischer und akustischer Gitarrennatur noch weitergeführt
werden. Ein anderes Mal in der Gestalt von in den Hintergrund
eingebauten Streichern oder minimalistisch angehauchten Synthie-
bzw. Elektronikklängen. Nicht, dass man dies missversteht
- Streicher und Synthies sind bei DEVAR auf gar keinen
Fall mit überladenem Synthie Black Metal Bombast gleichzusetzen,
sondern sind dezent und höchst wirkungsvoll eingesetzt.
Weitere dieser ineinander verwobenen Gegensätze finden
sich auch in der Gitarrenarbeit, die u.a. oftmals herrlich norwegisch
klirrend Black Metal-mäßig erklingt, dabei aber alles
andere als das üblicherweise oft als "eisig"
und "finster" bezeichnete Feeling aufkommen lässt,
sondern angenehm dunkel, nicht pechschwarz, und irgendwie warm
rüberkommt, welches von der wohl bewusst nicht glasklaren,
sondern eher drückend wirkenden Produktion, noch unterstützt
wird.
Als höchst ungewöhnlich im Sinne von "selten
bis nie vorher so gehört" ist auch der Gesang einzustufen,
welcher hauptsächlich als rau und verzweifelt zu beschreiben
wäre, in etwa so wie ein von Zorn und Verzweiflung heiser
gewordener Jonas Renske. Dieser wird immer wieder mal in einer
zweiten Spur von wütenden Black Metal Vocals oder von gedoppelt
mehrstimmigen, ebenfalls verzweifelt heiseren, Mitsingparts
unterstützt. Hab ich in dieser Art noch nie so vernommen.
Ganz eindeutig kann man hier schon davon sprechen, dass es sich
bei DEVAR um wirklich kreative Köpfe handelt und
Alternate Endings durch deutliche avantgardistische
Züge geprägt ist. Gerade im avantgardistischen Bereich
gehen ja das ein oder andere Mal die Songs im Wirrwarr der benutzten
Elemente unter, und schon mehr als eine Band hat sich durch
zu viele Spielereien keinen songdienlichen Dienst erwiesen.
Womit ich zum wichtigsten der von DEVAR dargebotenen
Gegensätze komme:
DEVAR schaffen es bei allem avantgardistischen und verspielten
Anspruch, einem Großteil der Songs trotzdem enorme Einprägsamkeit
zu verleihen und kreieren scheinbar mühelos geniale Refrains
und Ohrwürmer, die man einfach nicht mehr aus dem Kopf
bekommt. Mit Scourger und Watch Them Fly befinden
sich zwar auch relativ sperrige Songs auf Alternate Endings,
doch überwiegt die Begeisterung bei mir für solch
brillante Ohrwürmer wie die beiden göttlichen Hits
Cold Slither und Shadow Feline, sowie die in punkto
Klasse nur kurz dahinter stehenden H.M.H., Black 6 und
dem düsteren Brocken In Sanity.
Zwar schwebt im Falle von DEVAR schon dann und wann sowas
wie "Arcturus ohne Bombast", "bekömmliche
Ved Buens Ende", "wütende Katatonia" und
"traurige Danzig" oder "Ulver zwischen Heaven
& Hell und Perdition City" im Raum, aber in dieser
Zusammenführung bzw. Mixtur ist das Hörerlebnis von
Alternate Endings wirklich einzigartig. Wären
alle Songs so unglaublich genial wie die erwähnten Hits
- die Höchstnote wäre DEVAR gewiss. Aber auch
trotz der zwei, drei qualitativ etwas abfallenden Tracks ist
Alternate Endings ein beeindruckend gelungenes
Debüt und wird DEVAR hoffentlich die mehr als verdiente
Aufmerksamkeit bescheren.