Wer sich
freiwillig das Etikett „Prog“ anheftet, setzt die
Messlatte für Publikumserwartungen zwangsläufig hoch.
Kein Wunder, schließlich waren es im Laufe der 70er Jahre
Bands wie Genesis, Yes, King Crimson, die dieses Maß überhaupt
erst festgesetzt haben. Später kamen Gruppen wie Dream
Theater und Fates Warning, die dieses Konzept in Richtung Metal
erweiterten. Und auch, wenn James LaBrie und seine Mannen ihren
Zenit schon ein paar Jahre hinter sich gelassen haben dürften,
wirkt ihr Schaffen noch immer nach.
Jüngste Anwärter auf den Prog-Thron: COMPLEX
7 aus dem beschaulichen Marburg. Doch misst man deren
Schaffen am Werk der alten Genre-Helden, können sie –
das muss man leider attestieren – keine Punkte machen.
Statt songdienlicher Formenvielfalt und dem subtilen Gespür
für große Gesten erhalten wir nur eine Reihe selbstherrlicher
Fingerübungen über einer Wand metallischen Geknüppels
und gelegentlichen Ausflügen in den Jazz. Die Instrumental-Abteilung
vermittelt für Puristen leider viel zu oft den Eindruck,
als habe sie zwar das Kamasutra des ProgMetals auswendig gelernt,
mache es sich aber viel zu oft selbst. Leider lässt sich
auch nicht verhehlen, dass Sänger Norbert Vornam bei allem
Ehrgeiz tonal nicht immer ganz einwandfreie Leistungen abliefert.
Statt die Stimme – wie im Opener Torn –
gequält nach oben zu pressen, hätte er manches Mal
gut daran getan, seine Gesangslinien eine Terz tiefer anzusetzen.
Zwischen rasanten Arpeggien und schwindelerregenden Rhythmuswechseln
lässt die Band eher traditionalistisch orientierten Hörern
kaum Raum zum Luft holen. Freunde von Bands wie Nevermore oder
Watchtower werden allerdings mit Sicherheit ihre helle Freude
haben.