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2006-09-13 DE – Bochum - Zeche

Black Metal bei strahlendem Sonnenschein versprach der heutige Abend. Na ja, zumindest bei der Anreise, denn die norwegischen Altmeister SATYRICON und ihr ostdeutscher Support DARK FORTRESS spielten natürlich abends in der abgedunkelten Halle. Um letztere hatte es zunächst einige Verwirrung gegeben, sollten doch nach den ersten Meldungen einiger Quellen eigentlich Keep Of Kalessin und Insomnium als Vorgruppen auftreten. Um die Verwirrung komplett zu machen, waren diese beiden Bands auch noch auf den CTS Tickets des Vorverkaufs abgedruckt. Dann rückten stattdessen DARK FORTRESS bei den ersten Deutschland-Gigs ins Billing, und jetzt ist klar (auch nach der Aussage von Frost in unserem Interview), dass die beiden anderen Bands erst bei den ersten Auftritten in Großbritannien dazu stoßen sollten und die ersten Angaben somit nur Enten waren.
Nach der ungewohnt problemlosen Anreise konnten wir uns noch über die nette und unkomplizierte Betreuung von Roadrunner-Tourmanagerin Anna freuen, bevor es nach den ersten Bierchen auch schon pünktlich um 20:00 losging.

:: Fotos ::

[Psycho] Ich muss ehrlich zugeben, dass ich DARK FORTRESS bisher eigentlich komplett ignoriert habe. Muss daran gelegen haben, dass ich die Band aus gar nicht mal näher spezifizierbaren Gründen immer in die stumpfe Knüppelecke gepackt hatte. Das entpuppte sich dann natürlich von Beginn an als komplette Fehleinschätzung, denn es handelt sich nicht nur um sehr kompetente Musiker, sondern ihre Songs haben auch Struktur, besitzen gute Melodien und sind trotzdem mit der typischen BM-Härte bzw. -Ausstrahlung versehen.
Dazu hatte man auch noch Glück mit dem Sound, denn bis auf die in den schnellen Passagen zu leise Snare habe ich selten eine Vorband mit einer so guten Abmischung gehört. Kein Wunder also, dass Tracks wie Self-Mutilation, CataWomb oder der Abschluss Like A Somnabulist In Daylight’s Fire nicht nur bei mir hervorragend ankamen und daher das zunächst eher reserviert wirkende Publikum immer mehr auftaute und gegen Ende hin mehr als ordentlich mitging. Keine Frage, diese Band werde ich im Auge behalten! Trotz der beengten Platzverhältnisse eine beeindruckend gute Show, die nur einen Nachteil hatte: nach ca. einer (viel zu kurzen) halben Stunde und ohne die geforderte Zugabe war der Spuk auch schon wieder vorbei…
[Seb] Bei mir hatte es auch schon eine ganze Weile gedauert bis ich mich mit der bereits 1994 gegründeten Band mal eingehender beschäftigt hatte. Dann jedoch hatten mich vor allem die letzten beiden Alben durchaus beeindrucken können. Von 2004er Release Stab Wounds und der aktuellen Veröffentlichung Seance stammten dann auch sämtlich gespielten Stücke. Alle waren erfreulich gut wiedererkennbar, grade live bei Black Metal ja nicht immer gewährleistet, und kamen sehr schön druckvoll auch weiter hinten in der Halle an. Ebenfalls fand ich die Songauswahl ziemlich gelungen, da man schon die abwechslungsreichsten Stücke der beiden Alben verwendet hat. Im Hinblick auf das folgende, sicherlich sehr variationsreich werdende Programm des Headliners gut gemacht! Neben der bereits erwähnten viel zu kurzen Spieldauer kommt für mich lediglich der Kritikpunkt hinzu, dass das Keyboard, so man etwas weiter hinten im Saal stand, meist lediglich schön anzusehen, aber nicht zu hören war. In jedem Fall ein klasse Start in den Abend!
Setlist: (?), Iconoclasm Omega, Self-Mutilation, Poltergeist, CataWomb, When 1000 Crypts Awake, Like A Somnabulist In Daylight’s Fire

[Psycho] Bei SATYRICON stellte sich hingegen eine ganz andere Frage: würde sich die Band eher ihrer BM-Wurzeln gemäß zeigen, oder doch eher ihre neuere, moderne Seite präsentieren? Und natürlich: welche Variante es auch sein würde, wie wird das Publikum darauf reagieren?
Nun, die Norweger machten schnell klar, dass sie solche Probleme als eher nebensächlich erachten. Satyr hatte schlicht und ergreifend Bock auf eine „diabolische“ Rock-Show der härteren Art, und genau das bekamen die ca. 350 – 400 Anwesenden auch geboten. Los ging es direkt mit der aktuellen Video-Auskopplung aus dem neuen Album, The Pentagram Burns. Für mich überraschend, dass Satyr ausschließlich als Sänger agierte und daher gleich zwei Gast-Gitarristen mit dabei waren. Schade, ich hätte den Mann auch gerne an der Klampfe gesehen…
[Seb] Stimmt, das hat mich auch etwas überrascht, vor allem weil Obisdian Claw (SATYRICON's
standardmäßiger Live-Gitarrist von Keep Of Kalessin) noch gar nicht mit von der Partie war, sondern noch mit Enslaved unterwegs ist… da hätte der Meister in der Tat auch selber für die drei Gigs in die Saiten greifen können.
[Psycho] Jedenfalls machte er gleich mit seiner ersten Ansage klar, dass dieser Abend alle Epochen der Bandgeschichte abdecken sollte und ließ mit Dominions Of Satyricon vom zweiten Album Shadowthrone auch gleich Taten folgen. Dabei profitierte dieses Stück absolut von dem wirklich hervorragenden Sound, der einen jede Kleinigkeit hören ließ und trotzdem ordentlich Druck machte. Dazu kam noch die perfekt auf die Stücke abgestimmte Lightshow, die zwar nicht besonders aufwändig, aber doch sehr stimmungsvoll war. Auch die vier Gastmusiker waren mit vollem Einsatz dabei und praktisch ständig in Bewegung; so soll’s sein! Mit Now, Diabolical konnte folglich das erste Hightlight kommen, die Band bolzte das Stück in einer atemberaubend brutalen Version runter, die zumindest in meinen Augen keine Zweifel daran ließ, dass SATYRICON sich auch mit ihren modernen, teilweise ja kontrovers diskutierten Alben immer noch zurecht als BM-Band sehen.

Das sah das Publikum wohl ähnlich, so dass immer mehr Leute auf Satyrs Ansagen und Anfeuerungen reagierten und ordentlich Stimmung machten, so auch bei den zwei nun folgenden älteren Stücken. Dies führte zu der etwas kuriosen Situation, dass sich die Leute zur Einstimmung von K.I.N.G. sogar zu Mitsingspielchen animieren ließen; so was hab ich in dieser Form bei BM-Konzerten auch noch nicht gesehen…
Bei Supersonic Journey konnte man hingegen die Künste von Frost bewundern, bevor das furiose Fuel For Hatred einen würdigen Abschluss für den regulären Teil eines wahrlich geilen Auftritts bildete. Lediglich Satyrs Stimme schien mir mit der Zeit doch ziemlich abzubauen; bei den Ansagen war davon zwar nicht so viel zu merken, aber ich bin mir nicht sicher, ob er so die gesamte Tour durchstehen wird.
Wie auch immer: nach längeren Zugabe-Rufen kam die Band auf die Bühne zurück. Nach der kurzen Ankündigung, sich jetzt alten Jugendsünden zu widmen, zockten SATYRICON nun völlig überraschend Bathorys Raise The Dead in einer echten Hammerversion! Kein Wunder also, dass die Stimmung nun mit der Bandhymne Mother North endgültig zum Höhepunkt kommen konnte. Ebenfalls eine geile Version, die vom Publikum lauthals mitgesungen und anschließend genauso abgefeiert wurde.
[Seb] Jawoll, das war mal geil. Die beiden bekanntesten Tracks vom aktuellen Album waren definitiv nicht meine Favoriten des Abends, ich hatte mich eher darauf eingestellt, diese als unvermeidlich hinnehmen zu müssen. Die Songs kamen aber deutlich besser über, als ich mir das hätte vorstellen können. Live hatten beide, wenn ich mich nicht irre, auch ein leicht erhöhtes Tempo und natürlich auch einen raueren und brutaleren Sound. Eine positive Überraschung.
Dann aber konnte man sich, angefangen mit Supersonic Journey von der 1999er Rebel Extravaganza, so allmählich wieder in die guten alten Tage der Band zurückversetzt sehen und während der folgenden kurzen Pause schon mal fragen, was wohl neben dem obligatorischen Schlusspunkt der zweite Song sein mochte, der noch folgen würde. Niemals hätte ich mit Raise The Dead gerechnet ;) Das war der Hammer und mir bis dato von SATYRICON noch nicht bekannt. Das folgende Mother North, das man so schon ziemlich todgehört hat, gehört live natürlich dazu und ist auch jedes Mal wieder ein Erlebnis, das verbreitet schon eine ganz spezielle Stimmung. Vor allem auch weil es normalerweise sowohl den Höhe- als auch den Schlusspunkt eines Satyricon-Konzertes markiert und sich sowohl Band als auch Publikum noch einmal besonders ins Zeug legen. Doch auf dieser Tour sollte es anders werden…

[Psycho] Danach gab es wiederum eine Pause, aber die Leute erschrieen sich eine weitere Cover-Version, nämlich Raining Blood von Slayer, welches nicht minder perfekt und brutal rübergebracht wurde. So weit so gut, aber jetzt war auf einmal Schluss, was mir und allen anderen natürlich überhaupt nicht gefallen hat. Zumal selbst der schmale Zeitrahmen der Zeche noch wenigstens eine Viertelstunde mehr erlaubt hätte, und man als eine Band wie SATYRICON doch nicht mit einem Slayer-Song die Bühne verlassen kann, wenn man z.B. noch Havoc Vulture oder Black Lava in der Hinterhand hat, oder?
[Seb] Ein Slayer-Cover ist natürlich nach wie vor, selbst wenn man es nicht so hochklassig wie SATYRICON rüberbringt, sogar bei Black Metal Konzerten ein Garant für überkochende Stimmung. Dennoch finde ich, dass so etwas eher was für 08/15 Bands ist, die das Publikum sonst nicht auf Touren kriegen, und das Problem haben SATYRICON zu keiner Zeit gehabt.
[Psycho] Insofern gab es zum Ende eines eigentlich perfekten Abends mit zwei absolut hochklassigen Bands dann doch noch einen kleinen Wermuts-Tropfen zu verdauen. Nichtsdestotrotz eines der besten Konzerte, die ich seit langer Zeit gesehen habe. Wer noch die Gelegenheit dazu hat, der sollte sich dieses Package auf keinen Fall entgehen lassen.
[Seb] SATYRICON haben es nicht verlernt, auch die alten Songs, die ja immer noch massenweise Fans haben, in gewohnter Brillanz zu spielen. Live kann man sich aber, selbst wenn man wie ich von den letzten beiden Alben alles andere als begeistert war, auch von den neueren Songs beeindrucken lassen. Von der Bühne herab entwickeln diese deutlich mehr Power und Aggressivität als ich es von den Studioaufnahmen her für möglich gehalten hätte.
Ich kann auch nur empfehlen, nach Möglichkeit eins der noch kommenden Konzerte mitzunehmen, SATYRICON werden nach dem Abstecher nach Großbritannien noch drei Gigs in den Niederlanden und vier in Deutschland absolvieren, zwar nicht mit DARK FORTRESS, dafür aber mit zwei ebenso hochwertigen skandinavischen Bands.
Setlist: The Pentagram Burns, Dominions Of Satyricon, Now, Diabolical, Walk The Path Of Sorrows, Forhekset, K.I.N.G., Delirium, Supersonic Journey, Repined Bastard Nation, Fuel For Hatred // Raise The Dead, Mother North // Raining Blood

 

story © Psycho & Seb • pics © Dajana