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2003-10-03 AT – Wien - Planet Music
 

Eigentlich standen für diesen lang erwarteten Freitag Abend neben NEVERMORE die Schweden Arch Enemy auf dem Programm, aber irgendwie sollte es halt nicht sein. Laut offiziellem Labelstatement wurde der Tourbus der Melodic-Deather um die gitarrenfrickelnden Amott-Brüder von Blutsaugenden Käfern befallen und die ganze Band war erkrankt und/oder litt unter Schlafentzug. Tja das war somit gleich mal ein wenig erfreulicher Beginn dieses Abends. Den Ersatz für Arch Enemy stellten die eilig organisierten DEAD SOUL TRIBE (die Nummer von The Crown hätt' ma nicht im Adressbuch gehabt, Herr Appel? *räusper*) dar.

Von :: DEAD SOUL TRIBE :: kannte ich bis dato nicht mehr als den wagen Background (von wegen Psychotic Waltz, etc...) und ließ mich nun also überraschen, was die Herren denn zum Besten geben würden. Von der Optik her stach gleich mal Gitarrist No. 1 heraus, welcher in einem strahlend weißen Leinen (?) - Outfit, auf dem ein riesiges grünes Hanfblatt aufgedruckt war, reichlich zugedröhnt und glücklich über die linke Bühnenseite hopste. Na ja, ich will mich hier nicht über Looks mokieren, seit meiner letzten Begegnung mit den holländischen Gehörgangspenetratoren von Within Temptation kann mich in derlei Hinsicht ohnehin nichts mehr schockieren. So lauschte ich denn konzentriert den Klängen, welche mir aber nicht wirklich zusagen wollten. Allen voran möchte ich mal wieder dem Mischer für die Ohrenschmerzen danken (die hatte ich schon fast vermisst), aber auch das Songmaterial von DEAD SOUL TRIBE war nicht unbedingt dazu geeignet, mich zu überzeugen. Ich kann mit derlei schleppenden Klängen einfach nichts anfangen. Ein nicht zu kleiner Teil des Publikums sah das allerdings anders und feuerte die Band kräftig an - man kann also sagen, dass die "Ersatzband" durchaus angenommen wurde.

Nach DEAD SOUL TRIBE war erst einmal Warten angesagt. Der Umbau auf der Bühne war schon längst abgeschlossen, doch die Schwermetall-Recken aus Seattle schickten sich nicht an, den Backstagebereich zu verlassen. Stattdessen durfte das Publikum alle 2-3 Minuten einem Bühnentechniker dabei zusehen, wie er Dinge von der Bühne holte. Anfangs waren es Instrumente und als alles, was Saiten hatte, hinter der Bühne war, sackte er irgendwelchen Kleinkram ein, welchen er - mit beschäftigter Mine - von der Bühne schaffte. Irgendwann war dann anscheinend doch alles, wo es sein sollte und :: NEVERMORE :: konnten fünf nach zehn endlich loslegen. Die "meditative Phase" vor dem Auftritt hatte anscheinend ihre Wirkung nicht verfehlt, denn NEVERMORE traten dem Publikum von Anfang an kräftig ins Gesäß. Die Band war sich wohl bewusst, dass sie dem teilweise (durch die Absage von Arch Enemy) schwer enttäuschten Publikum nun etwas Außergewöhnliches bieten musste - und das tat sie auch. In bester Spiellaune zockte sich der Seattle-Fünfer durch sein Set und konnte die Durchschlagskraft seiner Sound-Granaten Live genauso gut bzw. noch besser umsetzen als im Studio. Besonders herausragend an diesem Abend war Leadgitarrist Jeff Loomis, der seiner Gitarre schier unglaubliche Soli entlockte. Der einzige, der sich an diesem Abend nicht ganz in Form befand, war Sänger Warrel Dane, dem man die Strapazen der Touren bei etlichen Songpassagen schon deutlich anmerkte. Er wusste sich aber in jeder Situation durch geschickte Improvisation zu helfen und bewies somit, dass er ein erfahrener und routinierter Sänger ist.

Nach 2-3 Zugaben und ~ 75 Minuten Spielzeit war der Zauber auch schon wieder vorbei und NEVERMORE räumten die Bühne. Sicherlich hätte man für die Fans etwas länger spielen können, die schon den Ausfall von Arch Enemy verschmerzen mussten, aber auf der anderen Seite musste wohl die Stimme von Warrel Dane etwas geschont werden, denn die restlichen Dates wollten auch noch absolviert werden.

Zu sagen bleibt, dass es wohl keine gute Idee war, lediglich 2 Bands auf eine Tour zu schicken, denn bei einem Ticketpreis von 25 € muss mehr drin sein. Wenn dann auch noch eine der beiden Bands ausfällt und man damit quasi vor Ort konfrontiert wird, ist dies doppelt bitter und kann einem einen Abend, auf den man sich lange gefreut hat, durchaus vermiesen. Experimente derart (nur 2 Bands auf einer Tour ohne Local Support) werden, wie man auch bei der von Iced Earth letztes Jahr zelebrierten Fanverarsche (anstatt der promoteten 3 Stunden spielte man "fanfreundliche" eineinhalb, weil man - oh Schreck - keine Pyros zur Verfügung hatte) sehen konnte, leider immer auf dem Rücken der Fans, respektive auf dem deren Geldbörse ausgetragen.

Fazit: NEVERMORE waren Hammer, wirklich glücklich waren mit diesem Abend aber wohl nicht alle.

 
story © Mephisto--->