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SOILWORK - THE FORSAKEN - LORDS OF DECADENCE - SYCOTRAP

 
2004-03-06 AT Wien - Planet Music
 

Bereits zum dritten Mal innerhalb von 18 Monaten verschlug es die Neo-Trasher SOILWORK in unsere Breiten. Was mich bereits bei Lacuna Coil vor kurzem etwas verwunderte, warf bei mir im Vorfeld bei den 6 Schweden noch mehr Fragen auf. Ohne ein neues Album im Gepäck - würden sie der Headliner-Position auch gerecht werden können? Mit den Melodic Deathern THE FORSAKEN im Gepäck und zwei lokalen Acts sollte es aber in jedem Fall ein ganz netter Abend werden...

Die Tiroler SYCOTRAP eröffneten den Reigen und versuchten, ordentlich Gas zu geben. Dabei waren sie ein gutes Beispiel, dass mega-tief gestimmte Gitarren nicht immer mit Härte gleichzusetzen sind. Denn obwohl sich der Fünfer sichtlich routiniert zeigte, hörte man außer brachialster Verzerrung und fettem Bass eigentlich musikalisch rein gar nichts bis auf die etwas einfallslosen Drums und den teilweise ganz guten Gesang. Schade, denn mit besserem Sound hätte mir der Fünfer durchaus gefallen können, selbst wenn die ewigen Wortwiederholung in den Refrains („Das Tier…Das Tier…Das Tier….“ – arrrggghhh!) doch arg nervten und hier eindeutig Verbesserung notwendig ist.

LORDS OF DECADENCE waren mir dann ein völlig unbekannter Name am österreichischen Metal-Sektor, was sich nach dem Auftritt aber geändert haben sollte. Eine aufstrebende Wiener Band, die eine Spielfreude an den Tag legte und technisch bei weitem vor anderen nationalen Demo-Bands einzuordnen sind. Mit ihrem (very) Melodic "Death" Metal konnten sie wahrlich begeistern und verwendeten diesen Support-Gig gleichzeitig als CD-Präsentation ihrer neuen Studioproduktion Cognitive Note Of Dischord. Doch selbst wenn das Quintett spielerisch und songwriterisch einiges zu bieten hat, so bleibt ein (großes) Manko: die Eigenständigkeit. LORDS OF DECADENCE klauen fast schon penetrant an Genreleadern wie Children Of Bodom und - eben - Soilwork. Songstrukturen, die fast 1:1 abgekupfert wurden, sprechen hier eindeutig gegen die Band, da kann sie können was sie will. Störend neben den komischen Vocals des Bassisten auch das ständige Erwähnen der neuen CD. Nach zweimaliger Ansage wissen wir's, dass muss uns nicht nach jedem Song noch mal eingetrichtert werden! Und obwohl LORDS OF DECADENCE einen weitaus besseren Sound als der Opener hatten, machte sich ein Problem bemerkbar, welches sich als symptomatisch für den Rest des Abends zeigen würde. Der Gitarrensound war nur in den Höhen klar, gänzliche Rhythmusteile gingen ziemlich unter...

Bei den Schweden THE FORSAKEN wurden anschließend keine Gefangenen gemacht. Schweden-Death der älteren (und härteren) Schule vermengt mit brutalem Ami-Death - eigentlich eine tolle Mischung, die die 5 Jungs auch beherrschen. Immerhin hat die Band bereits 3 Full-Length Alben in 4 Jahren veröffentlicht und präsentierte somit ein Best-of-Set aus diesen. Leider fiel die präzise Frickelei aber teilweise wieder dem Soundbrei zum Opfer, ebenso die Bass-Drum, die ziemlich dahinschwabberte und eigentlich nur im Bauch zu spüren war. Den Fans machte es aber sichtlich Spaß und THE FORSAKEN sorgten ordentlich für Stimmung, wohl auch dank des neuen/angeheuerten(?) Bassisten, der sich äußerst sympathisch um Publikumskontakt bemühte. Mit dem auf dem aktuellen Album Traces Of the Past gecoverten „Blackend“ von Metallica rastete das Publikum dann gänzlich aus, während die Band sich hier in Sachen Geschwindigkeit fast selbst überholte. Unglaublich! Ein solider Gig, der jedoch gegen Ende doch ein wenig anstrengend und gleichförmig wurde...

Nachdem die Stimmung zu diesem Zeitpunkt bereits großartig war, konnten SOILWORK eigentlich nichts mehr falsch machen. Die etwa 400 Anwesenden waren heiß auf die sechs Schweden. Nach etwas längerer Umbaupause ging’s nach einem kurzen Intro schnurstracks mit dem Titeltrack des aktuellen Albums, Figure Number Five, los. Shouter Björn "Speed" Streed hatte das rote Ferrari-Shirt der letzten Auftritte gegen ein blaues Hemd inkl. Krawatte getauscht und wirkte irgendwie ziemlich strange, wohl auch wegen dem ständigen Grinsen, wenn er gerade nichts zu tun hatte. Man merkte auch, dass SOILWORK nach wie vor auf einem Höhenflug sind...Irgendwie wirkte der Frontmann mit seiner Glatze nämlich schon fast wie der Fred Durst des extremen Metals. Dass das Sextett aber ihren Status jedoch verdient hatte, zeigte ihr Set, das zwar alle Alben mit mindestens einem Song würdigte, das Hauptaugenmerk natürlich aber auf den letzten zwei Alben ließ. So feuerten die Jungs u.a. Like The Average Stalker, The Flameout, den Überhit As We Apeak, The Bringer, Light The Torch und meinen Lieblingssong Overload ins Publikum und ließen sich frenetisch bejubeln. Dass die NuTrasher mittlerweile auch weniger "metallische" Leute ansprechen zeigte der teilweise doch junge Altersschnitt, die spärlicher gesäten Metal-Shirt-Träger und auch die beeindruckenden Jump-Orgien, zu denen sich die Menge (ungewohnterweise) hinreißen ließ und zu denen die Band immer wieder aufmunterte. Doch selbst beim Headliner war der Sound etwas matschig, worunter wieder vor allem die Gitarren zu leiden hatten. Teilweise hatte ich doch arg Probleme, den Anfang eines Songs zu erkennen, obwohl mir die Alben vertraut sind.

Nach ein paar Zugaben war der Abend auch schon wieder gelaufen und alle glücklich. SOILWORK gehören mittlerweile zu Routiniers, keine Frage, einzig und allein Speed sollte sein Ego ein kleinwenig zurückstellen, da er schon fast zu "cool" auf der Bühne steht, was zum Rest der Band nicht mehr ganz passt. Fazit: Netter Abend mit einem würdigen Headliner.

 
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