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Vulture Industries - Kraków - Seven Impale

 
2015-05-08 NL – Apeldoorn - Gigant
 

Noch eine Wiedervereinigung einer legendären Band, viele Jahre ohne konkrete Absichten und nur mit einer Handvoll Liveshows, unter anderem als Headliner des Inferno Festivals 2012, die dann doch sehr enttäuschend war. Nun gibt es 10 Jahre nach Sideshow Symphonies (Achtung Jubiläum!) ein neues Album, das Fünfte, mit dem Namen Arcturian. Und das ist schon ein ziemlicher Knaller :) Pünktlich zur Veröffentlichung am 8. Mai begeben sich die Norweger auf eine kurze Tour durch europäische Lande, um das Album zu promoten. Und diese Tour führt just am Veröffentlichungstag ins nahegelegene holländische Apeldoorn, wo ich zuletzt 2006 The Gathering noch mit Anneke van Giersbergen live gesehen habe.

:: Fotos ::

Das Tourpackage ist rein Norwegisch, eigentlich nahezu "Bergisch", da drei der vier Bands aus dem Tross aus Bergen kommen. ARCTURUS mit offiziellen Sitz in Oslo sind da die Ausnahme ;) KRAKÓW und VULTURE INDUSTRIES (beides großartige Bands) sind weithin bekannt und werden von meiner Wenigkeit sehr geschätzt. Die noch sehr jungen progressiven Jazz Rocker von SEVEN IMPALE hingegen sind Neuland für mich. Na dann auf zu einer Gratwanderung in Sachen norwegischer experimenteller Musik zwischen Genie und Wahnsinn ;)

Der Andrang im Gigant hält sich zu Öffnungszeiten in Grenzen. Eine Handvoll Leute begehren Einlass – beim Start von :: SEVEN IMPALE :: sind es vielleicht gut 50 Gäste. Die jungen und sehr talentierten Norweger gibt es erst seit 2010; im letzten Jahr erschien mit City Of The Sun ein respektables Prog/Jazz Debüt, von welchem heute alle 3 Songs stammten. Gut, vom eingangs erwähnten Wahnsinn ist hier nichts zu spüren. Vielmehr gibt es komplexen, verschachtelten Prog Rock mit einer ordentlichen Portion Jazz, der durchaus schon mal ruppig ausbricht. Ganz famos ist auch das Saxophonspiel von Benjamin Mekki Widerøe. SEVEN IMPALE sammeln hier auf ihrer ersten Tour erste Erfahrungen und wirken daher, was Kommunikation und Interaktion mit dem Publikum angeht, noch einigermaßen unsicher. Gut, macht nix, sie werden es lernen, sympathisch sind die Jungs allemal ;) Insgesamt nicht ganze einfache Kost, dennoch ein toller Auftakt, auch wenn nicht mehr als Höflichkeitsapplaus dabei rum kam.
Setlist: Extraction, Oh My Gravity, Eschaton Horo

Fixer Umbau und weiter geht es mit :: KRAKÓW ::, die im Februar ihr drittes Album Amaran veröffentlicht haben. Von nun an wurde die Bühne in zumeist blaues Licht getaucht und insgesamt düster gehalten. Leise Akustiktöne wechseln mit massiven Gitarrenwänden, Klargesang mit Kratzstimme. Post Rock trifft hier auf Sludge und Drone, hypnotisch und intensiv verpackt. Augen zu, die Bässe vibrieren spüren und die Gedanken treiben lassen, während gelegentlich die Nackenmuskulatur strapaziert wird. Großartig! Mag ich (was jetzt nicht wirklich überrascht ;)).
Setlist: Ten Silent Circles, Luminauts, Genesis, Last, Hymn To The Winds, Mound

:: VULTURE INDUSTRIES :: sind anschließend definitiv die Schnellsten beim Change-Over. Ein Stagehand mit Tablet flitzt rum, stellt die Parameter ein und fertig. Dann springt auch schon Bjørnar Nilsen wie ein Verrückter auf die Bühne und der Wahnsinn kann beginnen. Jetzt ist das Gigant auch wirklich gut gefüllt und folgen die Leute den Handzeichen des Sängers, wie Marionetten dem Puppenspieler. VULTURE INDUSTRIES machen auch heute ihrem Ruf alle Ehre und bieten eine höchst energetische, total durchgeknallte und unterhaltsame Show. Bjørnar hopst, tanzt und zieht Grimassen, turnt auf Kisten rum und springt ins Publikum, alles dabei, dazu die nicht minder verrückte, anspruchsvolle und dennoch sehr zugängliche und sehr anziehende Musik. Nein, VULTURE INDUSTRIES enttäuschen nicht! Nochmal großartig! Natürlich ;)
Setlist: The Tower, Divine-Appalling, The Pulse Of Bliss, The Hound, Grim Apparitions, Lost Among Liars, Blood Don't Eliogabalus

Kurze Verschnaufpause, alle rutschen dicht an die Bühne und dann donnern :: ARCTURUS :: auch schon mit Evacuation Code Deciphered los. Das Stage-Outfit hat zu den 2012/2013 Shows trotz neuen Albums nicht groß verändert, da hätten sich ARCTURUS ruhig was einfallen lassen können. Bis auf Hellhammer grinsen alle wie Honigkuchenpferde und scheinen bester Laune zu sein. Die Band spielt mit einer Begeisterung, welche der Stimmung auf dem neuen Album Arcturian entspricht und die man bei ARCTURUS lange vermisst hat. Simen Hestnæs mimt optisch wie stimmlich den personifizierten Wahnsinn und er hat ganz offensichtlich einen Heidenspass dabei ;) Er ist gut bei Stimme, trifft die Töne, kommt live allerdings bei der ganzen Action nicht immer ganz so hoch, wie man es von den Alben her kennt. Zwischendurch blödelt er mit den Fans rum oder kredenzt Rotwein. Hellhammer verschanzt sich wie üblich hinter seinem Kit und wird kaum gesehen, dafür umso besser gehört. Der Rest rockt sich die Seele aus dem Leib. Das Set besteht aus 12 Songs, von denen allerdings nur der Opener The Arcturian Sign vom neuen Album kommt. Das ist auf dieser Tour mehr ein Best-Of-Set, denn eine Werbung für Arcturian. Schade, denn es gibt tolle Songs auf dem Album, die ich gerne live gehört hätte. Vielleicht sind ja diese Shows nur dazu gedacht, sich den Fans wieder in Erinnerung zu bringen und sich selbst aufzuwärmen und es folgt irgendwann eine ausgedehnte Europatour. Leider ist nach diesen 12 Songs mit gerade mal eben 70 Minuten Spielzeit auch schon wieder Schluß, und das ohne eine Zugabe. Trotz vehementer Rufe. Das fand ich dann doch sehr enttäuschend. Keine Ahnung, ob es im Gigant eine strenge zeitliche Limitierung gibt, die keine Zugabe zuließ, oder ob das schlicht gar nicht vorgesehen war. Das war wirklich sehr, sehr schade. Ein Wermutstropfen bei einem ansonsten tollen Konzertabend! Und der Nachhauseweg funktionierte in dieser Nacht mal ganz ohne dabei mit Sack und Auto auf den Kopf gestellt zu werden (Drogenkontrollen an der Grenze ;)).
Setlist: Evacuation Code Deciphered, Nightmare Heaven, The Arcturian Sign, Painting My Horror, Deamon Painter, Alone, The Chaos Path, The Code, Hibernation Sickness Complete, Master Of Disguise, Wintry Grey/Du Nordavind/Morax, Shipwrecked Frontier Pioneer

 

story & pics © Dajana & Dajana Winkel • Photography