<< archive
 

 
2006-02-18 DE – München - Olympiahalle

Ein Rock and Roll Abend der Sonderklasse fand am Samstag, 18.02.06 statt. Gleich zwei Legenden der Hartwurst gaben sich die Ehre und boten jede auf die eigene Art eine unvergessliche Show!

:: Fotos ::

Eröffnet wurde der Abend von :: SHE SAYS :: Die Formation aus Wien ist der Beweis dafür, dass man durchaus über Castingshows passable Poprockbands finden kann. Dies, sofern diese Castingshow nicht im Fernsehen stattfinden, sondern im Radio, wodurch die Musik und nicht das Optische zum Tragen kommt. Das Quartett nützte die Chance, vor einem größeren Publikum auftreten zu können aus – auch wenn an diesem Zeitpunkt die Halle nicht einmal halbvoll war. Der Auftritt war ganz in Ordnung, doch die Reaktionen hielten sich in Grenzen. Wohl deswegen, weil sehr viele alte Semester anwesend waren, die ihre Helden aus der Jugendzeit wieder sehen wollten und mit diesen Newcomern nicht so richtig umgehen konnten.

Ganz andere Reaktionen gab es, als :: ALICE COOPER :: und seine Mannen die Bühne enterten! Jung und alt tobten und feuerten den Fürsten der Dunkelheit an, der mit Klassikern aus seinem Repertoire entzückte. Sänger und Mannschaft gaben Perlen wie Dirty Diamonds, Billion Dollar Babies, I’m Eighteen, Poison, Under My Wheels und und und… zum Besten. Es fehlte dabei klarerweise auch nicht die gehörige Portion an Showelementen: Degen und Dollarnoten, Luftballons, eine Zombie – Ballerina, eine Vampirin, Kerkermeister und natürlich die Guillotine hatten ihren Auftritt. Sensationell war übrigens die Paris Hilton Persiflage: die Nobeltussi wurde vom eigenen (Plüsch-) Schoßhündchen angefallen und blutig gebissen. Sie verprügelte den Hund vor fotografierenden Paparazzi und wurde anschließend von einem dieser Skandalreporter abgeführt, während der andere ihr unter den Rock fotografierte. Zum totlachen!
Mr. Vincent Damon Furnier und seine Mitstreiter genossen einen kristallklaren Sound und waren sichtlich ausgezeichnet aufgelegt. Sie sprühten nur so vor Spielfreude und Witz, bangten, posten und rockten ohne Ende. Da dauerte es keine 5 Sekunden und schon hatten sie die nun volle Halle mit ihrem Horror Rock and Roll angesteckt. Dieser Auftritt war einfach nur eine sensationell gewaltige Party. Echt toll, wie der alte Alice das mit seinen nun 58 Jahren noch so genial hinkriegt.

Nach der Umbaupause gab es ein kurzes romantisches Intermezzo in Form eines Heiratsantrages vor versammeltem Publikum, welches klarerweise kräftig applaudierte.

Anschließend gab es nun die zweite Legende (fast) zum Anfassen: :: DEEP PURPLE ::! Das Quintett zuckte kurz mit der Wimper und hatte die ausverkaufte Halle in ihrem Bann. Die Musiker scheuten keine Mühen und spielten sich in zahlreichen Soli die Fingerkuppen wund, was vom Publikum aufgenommen wurde wie das Manna in der Wüste. Dies war aber meiner Meinung nach der (einzige) Haken des Auftrittes: Minutenlange Soli während jedes einzelnen (!!!) Songs beanspruchten meine Geduld zu sehr. Die Soli zählen sicherlich zu den besten, die ich je gehört und gesehen habe, aber jeden 4 Minuten Song, in dem 2 Minuten lang gesungen wird, auf 9 – 10 Minuten aufzublähen war mir zu viel.
Doch genau dies gefiel den zahlreichen DEEP PURPLE Fans umso mehr, denn Blicke auf das Publikum enthüllten zahlreiche heruntergefallene Kinnladen und ungläubige Gesichtsausdrücke. Ist auch klar, denn Ian Gillan, Steve Morse, Roger Glover, Don Airey und Ian Paice sind einzigartige Ausnahmemusiker. Auch wenn die Soli zu viel des Guten waren – gesehen muss man diesen Auftritt einfach haben.
Die Meistermusiker spielten aktuelle Hits wie Rapture Of The Deep, wen wundert es, absolut perfekt, fehlerfrei und virtuos. Richtig zum Brodeln kam die Halle dann bei den alten Gassenhauern wie Highway Star und Black Nights, letzteres während der Zugabe. Smoke On The Water durfte ebenso wenig fehlen, und zur Unterstützung kamen Damon Johnson und Ryan Roxie, Gitarristen von ALICE COOPER, um den Klassiker mit drei Gitarren zu spielen. Echt ein feiner Gag – der Song klang mit drei Gitarren ein Eck fetter und wuchtiger. Klasse!

Insgesamt ein toller Abend mit geiler Musik und starken Bands, die sicherlich keinen der Gäste enttäuscht haben. Ok, SHE SAYS waren altersmäßig sicherlich auf dem falschen Gig. Aber als junge Band muss man überall spielen wo man nur kann und der Auftritt vor einigen Tausend Leuten hat ihnen sicherlich gut getan. Wo ALICE COOPER Rock’n’Roll aus dem Bauch spielte, gab es bei DEEP PURPLE Musik für die höheren Körperregionen. Teilweise war das für mich ein wenig anstrengend, andererseits kann und soll es sich eine Band mit solch herausragenden Musikern absolut leisten, den Virtuosen heraushängen zu lassen. Ein zusätzliches Lob hat sich der Veranstalter verdient, der eigens für behinderte Besucher einen Platz reserviert hatte, von dem aus sie eine sehr gute Sicht für das Konzert genießen konnten.

 

story & pics © Stefano