SORGSVART ist ein norwegisches Ein-Mann-Projekt und wird als einer der vielversprechendsten Newcomer aus diesem Bereich angesehen. Vor einiger Zeit wurde nun das erste Album Fortapt Fra Verden i Vakkert Selvmord in Deutschland auf den Markt gebracht, und erhält auch hier fast ausschließlich positive Kritiken. Zeit, mal etwas mehr über den jungen Musiker und sein Projekt in Erfahrung zu bringen...

Sorg

Seb: Grüße, Sorg! Zu allererst mal Glückwünsche zu Deinem Album. Ich finde es wirklich großartig und kann gar nicht mehr sagen, wie oft ich es mir in letzter Zeit angehört habe!
Sorg:
Grüße an dich und alle Kameraden in der Bundesrepublik Deutschland. Es freut mich sehr, dass meine Arbeit auch bei euch geschätzt wird!

Seb: Die fünf Songs auf Fortapt Fra Verden i Vakkert Selvmord decken einen Zeitraum von etwa fünf Jahren ab. Ist das Deine normale Arbeitsgeschwindigkeit, oder wolltest Du damit eher einen repräsentativen Querschnitt durch Dein Werk darstellen?
Sorg:
Die Antwort ist eigentlich wesentlich einfacher. Es war eigentlich nie vorgesehen, dass dieses Album veröffentlicht wird, und daher ist die Songauswahl sozusagen zufällig entstanden. Ich kann tatsächlich Monate für einen Song brauchen bevor er "fertig" ist, denn ich höre nicht auf, bevor der Song ein bestimmtes Gefühl oder einen bestimmten Geist ausdrückt. Und wie du weißt, kommen Gefühle nicht auf Knopfdruck, so dass ich nur auf diese kleinen und seltenen Momente warten kann, um ein ehrliches und zufrieden stellendes Ergebnis zu erhalten. Andererseits benötige ich für manche Songs auch weniger als eine Stunde! Ein solches Stück, UnderligtVidunderligt, wird auf meinem neuen Album sein, und die Geschichte lehrt uns ja auch, dass in kurzer Zeit entstandene Songs nicht unbedingt schlecht sein müssen. Eins der bekanntesten Lieder unserer Zeit, Stille Nacht, ist dafür ein gutes Beispiel. Man sagt, das Lied wurde von einem Wiener Gemeindepfarrer innerhalb von zehn Minuten komponiert, als man feststellen musste, dass der Dirigent des Weihnachtskonzertes krank war und zudem noch alle Noten bei sich hatte. Heute ist Stille Nacht vielleicht das bekannteste Lied auf der Welt, was natürlich, schaut man zum Beispiel auf Werbemelodien, kein Indikator für Qualität sein muss. Ich bin nicht sicher, ob die Geschichte so wahr ist, aber es ist in jedem Fall eine gute Geschichte.

Seb: Dein Stück Skog Of Mark enthält gesampelte Schafslaute begleitet von sehr eigentümlichem Gesang. Das ist insofern verwunderlich, als dass man wohl fast alles andere eher in einem Metal-Track vermuten würde als Schafe. Wie bist Du denn da drauf gekommen?
Sorg:
Das ist eine sehr komplexe Sache insofern, als dass der Song emotional sehr dicht ist. Knapp gesagt, ist es der Soundtrack meines Lebens und meiner Heimat, Hagland.

Seb: Ich habe gerüchteweise vernommen, dass Gravkald, der früher mal die Schlagzeugspuren zu SORGSVART beigesteuert hat, wieder mit Dir zusammenarbeiten wird. Ist da irgendetwas dran?
Sorg:
Haha, nein, dieses Gerücht hat nichts mit der Realität zu tun. Ich arrangiere das Schlagzeug immer selber, und dieses Mal werde ich die Drums sogar zum Teil selber einspielen. Den Rest wird dann mein guter Freund Skarstein von der neuen lokalen Band Gravemachine übernehmen.

Seb: Gibt es denn Pläne, aus SORGSVART eines Tages eine "richtige" Band zu formen? Und besteht die Chance, Dich womöglich sogar eines Tages auf der Bühne sehen zu können?
Sorg:
Nein, SORGSVART war, ist und wird immer ein Ein-Mann-Projekt sein. Nur so kann ich die wahre Natur meiner Musik zum Ausdruck bringen. Live aufzutreten hat mir nie etwas anderes als Stress und Verdruss eingebracht, da ich überhaupt nicht gerne unter Menschen bin. Man kann sich nie sicher sein, was sie tun werden oder vorhaben. Und obwohl einige Leute mir geraten haben, live zu spielen, um bekannter/berühmter zu werden, habe ich das abgelehnt. Ich werde nie den Versuch unternehmen, kommerziell zu werden und mich nicht von kapitalistischen Anti-Werten blenden lassen!

Seb: Wenn ich mir Deine Musik anhöre, kommen mir auch Bandnamen wie Windir und Bathory in den Sinn. Sind diese beiden unter den Bands die Dich bzw. Deine Musik beeinflusst haben? Oder welche anderen Bands inspirieren Dich?
Sorg:
Meine Inspiration kommt ausschließlich aus den Tiefen meiner eigenen schwarzen Seele. Wenn jemand versucht, zu imitieren was einst dem Geist einer anderen Person entsprungen ist, wird das lediglich in einer schwachen und charakterlosen schlechten Kopie enden, die keinen eigenen Wert und nichts Originelles hat. Von 1000 Leuten sind wahrscheinlich 999 Mitläufer, während ein einziger versucht sich selbst zu verwirklichen und sich auf seinen eigenen Ideen eine Existenz aufbaut. Um das noch etwas auf die Spitze zu treiben, wird vermutlich auch nur einer von 1000 den Suizid als Abkürzung auf dem Weg des Lebens wählen.

Seb: Ich habe mal irgendwo gelesen, dass Nocturno Culto sich als großer Fan Deines Projekts "geoutet" hat. Was bedeutet es Dir, dass eine der lebenden Legenden des Genres Deine Arbeit bewundert?
Sorg:
Es ist schon erstaunlich, wie sich die Wahrnehmung ändert, wenn jemand "Berühmtes" ein Statement abgibt. Ich meine, jetzt nicht für mich, aber für die Menschen generell. Man sollte bedenken, dass Kollege Culto ein Mensch wie du und ich und jeder andere ist, und das wird sich nicht ändern, ganz egal wie er nun von den Medien bezeichnet oder betitelt wird. Ted ist ein freundlicher Kerl, ein guter Musiker der mehr Ahnung vom Black Metal hat, als die meisten von uns, um im Lichte dessen ehrt es mich, dass er unter denjenigen ist, die meine freigeistige und anarchistische Musik unterstützen.

Seb: Gibt es bereits neues und auf Veröffentlichung wartendes Material von SORGSVART? Ich bin sicher es gibt haufenweise Leute die sehr begierig auf ein neues und längeres Album währen, vor allem hier in Deutschland ;)
Sorg:
Ja, denn wie du sicher inzwischen weißt, soll mein neues Album Vikingtid og Anarki am 26. Oktober veröffentlicht werden. Das Album wird länger als das vorhergehende sein, was aber viel wichtiger ist, Qualität und die Musik sind auf einem wesentlich höheren Level. Wie schon erwähnt, war es eigentlich nie meine Absicht, Fortapt fra Verden i Vakkert Selvmord zu veröffentlichen, so dass vieles bei der ersten Aufnahme "im Kasten" war und auch die Planung zu wünschen übrig ließ. Vikingtid og Anarki hingegen hatte meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit, wobei der Sound dennoch nicht zu glatt werden sollte. Das neue Album ist direkter und aggressiver geworden als das eher melancholische Fortapt fra Verden i Vakkert Selvmord. Dennoch wird man natürlich erkennen, dass es sich um SORGSVART Songs handelt. Aber ich denke die Leute werden verblüfft sein über die Vielfalt an Emotionen und Musik auf dem neuen Album. Das ist genau das, was dabei herauskommt, wenn die Musik sich ausschließlich in meinem rebellischen Geist entwickelt. Die Menschen, zumindest geht es mir so, wandern durch eine Fülle von verschiedenen, paradoxen Gefühlen, die für mich eine bestimmte Atmosphäre voll von Melodien, Gesang und so weiter kreieren. Es ist damit zu vergleichen, wenn andere Menschen in ähnlichen Situationen Farben oder Bilder sehen.
Vikingtid og Anarki wird zwischen sieben und neun Stücken intensiven Black Metals enthalten, und da die Songs alle ziemlich lang sind, wird sich die Spielzeit auf mindestens eine Stunde belaufen. Für mich bedeutet dieses Album alles, und auch wenn es sich arrogant und selbstverliebt anhören mag, enthält es die beste Musik die jemals meine Ohren und meine Seele erreicht hat. Das Album ist für all jene von euch, die sich ihr Leben lang vom herrschenden System unterdrückt fühlten, aber dennoch nie aufhörten an eine gemeinsame und harmonische Zukunft zu glauben.

P.S. besucht mich im Studio unter http://www.blackdimension.net/

Seb: Deine Musik drückt eine starke Nähe zur Natur aus, und wenn ich richtig informiert bin, lebst Du quasi fernab der Zivilisation. Was bedeutet Dir die Natur und was begründet Deine Abneigung gegen Zivilisation?
Sorg:
Ich sehe, du hast mit meinem guten Freund Olaf gesprochen, haha. Das stimmt, ich wohne tief in den norwegischen Wäldern nur mit meinen Tieren. Frag dich einmal selber, was die Zivilisation für dich getan hat. Höchstwahrscheinlich ist die Antwort "nichts". Wenn du dann aber die Frage änderst und fragst: was die Zivilisation dir (an)getan hat, wirst du möglicherweise eine ganze Menge Antworten finden. So wie die heutige gesellschaftliche Moral aussieht, ist es nicht gut für die Menschlichkeit, wenn Menschen zusammenleben. Man kann die Auswirkungen ja deutlich sehen, Kriege, Krankheiten, Rassismus, Gewalt, Armut und Machtmissbrauch, die Liste währe endlos! Bis also die Revolution dagegen kommt, bevorzuge ich meine eigene Gesellschaft, anstatt meinen Geist mit dem zu vergiften, was "von draußen" kommt.

Seb: Danke für deine Antworten und alles Gute für die Zukunft!
Sorg:
Alles Gute!

 

8/2007 © Sebastian Witt • Sorgsvart