ORLOG gehören spätestens seit der Veröffentlichung ihres Debüts Reinigende Feuer nicht nur meiner Meinung nach mit zum Besten, das die hiesige Pagan/Black-Metal Szene zu bieten hat. Da liegt es nahe, einmal etwas mehr über die Wernesgrüner in Erfahrung zu bringen und nachzufragen, ob sich der Erfolg bereits bemerkbar macht. Für die Band stand mir stellvertretend Gitarrist Agantyr Rede und Antwort.

Orlog

Sebastian: ORLOG sind eine der positiven Überraschungen des Jahres und haben sich mit ihrem aktuellen Album Reinigende Feuer meiner Ansicht nach bereits einen Platz in der Topriege der deutschsprachigen Vertreter im Bereich Black/Pagan Metal erspielt.
Glückwunsch vorneweg erst einmal zum Debütalbum!
Angantyr:
Vielen Dank, wir sind auch sehr zufrieden mit dem Album, vor allem wenn man bedenkt, in welcher relativ kurzen Zeitspanne die meisten der Lieder entstanden sind. Das klingt zwar etwas paradox, denn nach der Zeitenwende EP sind schließlich 3 Jahre ins Land gegangen, aber wir hatten diverse Probleme mit dem Line Up und anderen Dingen die uns behindert haben. Jetzt sind wir natürlich froh das fertige Album in unsren Händen halten zu können.

Sebastian: Ihr habt ausgezeichnete Kritiken für Reinigende Feuer erhalten. Trotz der auch schon sehr wohlwollenden Reaktionen auf Eure vorangegangenen Veröffentlichungen mal ganz ehrlich: Habt ihr selber mit derart positivem Feedback gerechnet?
Angantyr:
Uns war schon klar, das wir für uns ein gutes Album abliefern werden, schließlich haben wir hart daran gearbeitet, aber was die Reaktionen anbelangt haben wir keinerlei Erwartungen gehabt. Gerade während des Aufnahmeprozesses hatte ich zeitweise jegliche Distanz zum Material verloren, was ein sehr unangenehmes Gefühl sein kann. Mittlerweile kann ich das Album aber wieder relativ objektiv betrachten.

Sebastian: Ihr seid dadurch natürlich auch was Auftritte und Festivals angeht wesentlich präsenter geworden, begegnen Fans und Zuschauer Euch bzw. Eurer Musik inzwischen anders als früher?
Angantyr:
Wir wollen live auf jeden Fall noch präsenter werden, spätestens nächstes Jahr werden wir deutlich mehr Konzerte spielen, wenn alles gut geht. Ich habe bis jetzt nicht festgestellt, dass Leute anders auf uns oder unsere Musik zugehen als vorher.

Sebastian: Auf dem Album habt Ihr Euch, zumindest meinem Eindruck nach, stilistisch in Richtung härterer Gangart weiterentwickelt. War das eine eher zufällige Entwicklung in den seit der Zeitenwende vergangenen Jahren, oder habt Ihr diesen Schritt ganz bewusst unternommen? Eventuell auch, um Euch ein wenig vom momentanen Boom gerade im deutschsprachigen Pagan/Viking-Bereich abzugrenzen?
Angantyr:
Das ist schon relativ bewusst geschehen. Wir haben uns natürlich an den Instrumenten verbessert und mit T.S. einen fähigen Drummer gefunden. Das Material für das Album war im Prinzip schon vor seinem Einstieg fertig, allerdings waren wir mit der Zeit immer unzufriedener damit und so haben wir den Großteil der Lieder neu geschrieben, was unter anderem eine Steigerung der Geschwindigkeit mit sich brachte. Wir wollen aber auch nicht schnell spielen um des schnell Spielens Willen, auf der nächsten Veröffentlichung wird es sicher auch teilweise wieder etwas ruhiger zur Sache gehen. Um ehrlich zu sein mögen wir das, was oft als Pagan/Viking Metal bezeichnet wird nicht (mehr) besonders. Die meisten dieser Bands klingen nicht aggressiv und obskur wie unserer Meinung Metal klingen sollte sondern verbreiten Bierzeltstimmung. Wir bezeichnen unsere Musik als heidnischen Black Metal, da wir vom Heidentum und nicht von Satanismus oder Nihilismus geprägt sind, was nichts an der Tatsache ändert, dass wir eine Black Metal Band sind.

Sebastian: Trotz der überwiegend guten Reaktionen auf Eure musikalische Entwicklung kann ich mir vorstellen, dass viele derer, die Eure ersten beiden Werke sehr gerne mochten, nicht samt und sonders begeistert waren. Habt Ihr dementsprechendes mitbekommen oder wäre Euch das egal?
Angantyr:
Ja sicher, solche Reaktionen gibt es, aber es ist ja nun mal in erster Linie entscheidend ob wir mit dem was wir tun zufrieden sind. Demo und EP spiegeln den Stand der Band zum damaligen Zeitpunkt wieder, wir haben uns seit dem weiterentwickelt und klingen heute eben etwas anders, so ist das nun mal.

Sebastian: Fühlt Ihr Euch mittlerweile eigentlich noch von irgendwelchen konkreten Vorbildern (wobei ich z.B. Emperor, die ihr ja gecovert hattet, im Kopf habe) beeinflusst, oder seht Ihr Euch inzwischen als weitestgehend autark?
Angantyr:
Ich glaube man ist als Musiker fast immer von irgendwas oder irgendwem beeinflusst. Diese Einflüsse verändern sich natürlich auch mit der Zeit verschmelzen miteinander oder treten teilweise auch gar nicht so offen in der Musik zu Tage. Emperor sind natürlich immer noch präsent jedoch bei weitem nicht der einzige Einfluss.

Sebastian: Was haltet Ihr noch von der heutigen Black/Pagan Metal Szene an sich? Gehört Ihr zu den Bands, die zwar zu ihrer eigenen Musik stehen, aber das Ganze Drumherum in der Szene eher kritisch und mit Bauchschmerzen betrachten?
Angantyr:
Die „Szene“ ist mir zumindest, ich denke das geht den anderen ähnlich, ziemlich egal. Für mich zählen allein die Menschen, die ich kenne und schätze und die Musik. Alles andere kümmert mich überhaupt nicht.

Sebastian: Wie steht Ihr dazu, dass immer mehr aus dem Black- und Extreme-Metal-Bereich kommende Bands ihre schwarzmetallischen Wurzeln größtenteils hinter sich lassen oder sogar völlig andere Wege beschreiten, wie das früher bei z.B. Ulver der Fall war oder aktuell beispielsweise bei Satyricon und Enslaved zu beobachten ist?
Angantyr:
Mich stört das nicht. Ich liebe Ulvers Perdition City, Volcano von Satyricon und die neue Enslaved ist auch genial. Viel schlimmer finde ich Bands, die von Album zu Album gesichtsloser werden. Mich zwingt ja auch keiner ein Album zu kaufen, also kann ich doch keiner Band vorwerfen das zu tun was sie will.

Sebastian: Könntet Ihr Euch vorstellen, dass Ihr auch irgendwann Euerem grundsätzlichen Stil überdrüssig werdet und trotzdem als die gleiche Band etwas Grundverschiedenes machen könntet?
Angantyr:
Ich kann mir vorstellen etwas grundsätzlich Verschiedenes zu tun, allerdings nicht mit ORLOG. Außerdem denke ich nicht, dass ich aufhören werde diese Art von Musik zu spielen, da sie einfach ein Teil von mir ist.

Sebastian: Wie ich schon das eine oder andere Mal lesen konnte, wurde Euer Bandname kurzerhand als „Krieg“ auf Niederländisch übersetzt. Mögt Ihr den Lesern mitteilen worum es wirklich geht?
Angantyr:
ORLOG ist ein Begriff aus der germanischen Mythologie und beschreibt eine Art Karma oder Schicksal auf persönlicher und universaler Ebene. Auf der persönlichen steht der Mensch in Wechselbeziehung zu seinem Orlog. Es werden Dinge vorbestimmt aber man hat durch sein Handeln Einfluss auf sein Orlog.

Sebastian: Wie wichtig sind Euch die von Eurer Musik transportierten Inhalte? Ist der gesamte Bezug auf nordische und germanische Mythologien für Euch vornehmlich thematisch interessant oder würdet Ihr Euch auch sozusagen im religiösen Sinne als Heiden bezeichnen?
Angantyr:
Die Texte sind uns natürlich wichtig. Allerdings sind sie viel persönlicher geworden und enthalten kaum noch offen mythologische Aspekte. Ich für meinen Teil würde mich im religiösen Sinne als Heide bezeichnen.

Sebastian: Deutschsprachige extreme Musik vorwiegend aus dem Osten des Landes sieht sich ja zur Zeit gerade mal wieder von den Medien (mitunter auch nicht unberechtigter) erheblicher Kritik in Sachen Nationalismus und auch Nationalsozialismus ausgesetzt. Dann wiederum treiben sich auch immer wieder braune Spinner auf eigentlich ganz normalen Konzerten herum. Was denkt Ihr generell über dieses Problem, und speziell: Seid Ihr auch schon damit in Berührung gekommen, dass Ihr trotz Eurer politisch unverfänglichen Texte über u.a. das Germanentum in die rechte Ecke eingeordnet wurdet? Und wenn ja, wie geht Ihr mit so etwas um?
Angantyr:
Jeder ist für sein Tun selbst verantwortlich. Wir waren, sind und bleiben eine unpolitische Band. Ansonsten reagieren wir auf diese Art von Anschuldigungen überhaupt nicht, da wir keine Lust haben uns für unser Tun zu rechtfertigen, zumal es keinen Grund dafür gibt. Meist werden solche Beschuldigungen einfach an den Haaren herbeigezogen und es wird nicht einmal für nötig erachtet die Band vorher zu kontaktieren und deren Sicht der Dinge zu erfragen.

Sebastian: Ihr wart nun mittlerweile seit der Gründung vor fast knapp sechs Jahren immer in der gleichen Besetzung unterwegs und habt erst recht spät mit T.S. einen festen Drummer zum Line-Up hinzugefügt. Gab es deswegen Probleme oder konntet Ihr ihn gleich von Beginn an voll integrieren?
Angantyr:
Das lief ziemlich reibungslos, im Gegenteil er hat die Band von Anfang an bereichert, da er sich stark mit ins Songwriting integriert. So stabil war das Line-Up aber auch wieder nicht, da wir lange Probleme hatten einen passenden 2. Gitarristen zu finden, was uns nun endlich gelungen ist.

Sebastian: Zum Schluss dann noch die Fragen, die Ihr sicher kaum noch hören könnt, aber deren Antworten man ja doch gerne wissen möchte ;) Wo kann man Euch in näherer Zukunft live bestaunen (mir käme da zum Beispiel mal was im Raum NRW sehr gelegen, da ich das Vergnügen bisher noch nicht hatte)?
Angantyr:
Die nächsten geplanten Konzerte sind das Hells-Pleasure-Festival in Zella am 26.8., das Rock-for-Roots-Festival in Nauen am 1.9. oder 2.9. und das Misantrophic-Violence-Festival Ende September in Tirol. In NRW ist derzeit leider nichts in Sicht aber falls uns jemand buchen möchte kann er sich gern per e-mail an orlog-post@web.de oder info@orlog.org bei uns melden.

Sebastian: Könnt Ihr schon, zumindest vage, Aussagen darüber machen, wie es musikalisch und
veröffentlichungstechnisch bei Euch weitergehen wird? Ich denke, ich bin nicht der einzige, der schon jetzt auf das Nachfolgeralbum gespannt ist
Angantyr:
So wie es aussieht werden wir zum Jahreswechsel eine MCD veröffentlichen, außerdem soll es eine Vinylversion von Reinigende Feuer geben. Es ist zwar noch nichts in Stein gemeißelt, aber so ist der Plan.

Sebastian: So, nun bleibt mir dann noch mich bei Euch zu bedanken und Euch noch vielen weiteren Erfolg zu wünschen. Hoffentlich sieht man sich mal bei einem Konzert!
Angantyr:
Danke für das Interview und auch euch viel Erfolg mit eurem Magazin.

 

07/2006 © Sebastian Witt • Orlog