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Im Vorfeld des Konzertes in Linz hatte ich die Gelegenheit, Johan Söderberg, seines Zeichens Gitarrist der Viking Death Metal Band AMON AMARTH, zu befragen. Herr Söderberg stellte sich dabei als angenehmer Gesprächspartner heraus und so entwickelte sich ein informatives und auch humorvolles Gespräch, bei dem die Vergangenheit der Band, gegenwärtige Erfolgsgeschichten und künftige Eroberungspläne diskutiert wurden.

Leo: Ich gratuliere zu Eurem neuen Album With Oden On Our Side – es klingt wieder mehr “zurück zu den Wurzeln”. Ist das absichtlich geschehen?
Johan:
Wir glauben nicht, dass sich das neue Album nach den alten Sachen anhört. Manche Leute behaupten ja, dass wir immer gleich klingen, schon über Jahre hinweg, nur die Produktion hat sich geändert. Das ist der Hauptunterschied zwischen den Alben denke ich. Eigentlich haben alle denselben Stil, außer The Crusher, das absichtlich schneller geplant war.

Leo: Welches Album bevorzugst Du?
Johan:
Oh, ich mag das Neueste am meisten, zuvor war es wohl The Avenger.

Leo: Denkt Ihr an die Fans und deren mögliche Reaktionen, wenn Ihr Lieder komponiert? Schränkt das in gewisser Weise Eure kreative Freiheit ein?
Johan:
Wir komponieren Songs, die direkt aus dem Herzen kommen. Nachdem das Grundgerüst eines Liedes steht, kannst Du Dir erst Gedanken darüber machen, ob es ein guter Livesong sein könnte.

Leo: Welche Lieder spielst Du gerne live?
Johan:
Ich spiele die neuen Songs am liebsten, aber ich würde nicht das ganze neue Album durchgehend spielen wollen.

Leo: Das musikalische Genre des Death Metal ist ziemlich eng – ist es zufrieden stellend für einen Künstler, ständig denselben Stil zu spielen?
Johan:
Hahaha, ich denke schon, denn Du kannst ja so viele verschiedene Melodien und Klänge verwenden!

Leo: Hat Dich die Geschichte der Wikinger schon vor der Bandgründung interessiert?
Johan:
Natürlich, vor allem Sänger Johan hat eine Menge darüber gelesen.

Leo: Wird in Schweden viel über die Geschichte der Wikinger gelehrt?
Johan:
Oh nein, da gibt es beinahe nichts darüber zu hören. Ich weiß auch nicht, doch es geht nur um die christliche Herkunft! In der Geschichte haben sich diese beiden Gruppen nicht vertragen, doch heutzutage ist es kein Problem, in einem christlichen Land zu leben, auch mit anderem Glauben.

Leo: Hattet Ihr schon Probleme mit rechtsextremen Fans oder wurdet Ihr schon einmal angefeindet wegen dem Gebrauch von Runen, Symbolen oder den Texten?
Johan:
Ich sehe da keine Verbindung, weil zu Anbeginn diese Symbole keinerlei politische Bedeutung hatten, es waren ja nur alte Buchstaben! Viele Menschen kennen die wahre Bedeutung dieser Symbole nicht und es ist einfach dumm, jemanden deswegen als rechtsextrem zu beschuldigen. Wir hatten noch nie Probleme mit Fans.

Leo: Welche Schallplatte hast Du Dir als Erste gekauft?
Johan:
Ich habe mit neun oder zehn Jahren angefangen, Metal zu hören; Bands wie Iron Maiden. Allerdings habe ich noch lange nicht begonnen, Death Metal zu spielen, erst als ich in dieser Band war. Den Death Metal habe ich aber schon immer gemocht, seit er bekannt wurde. In dieser Zeit gab es nur drei oder vier Bands, mehr nicht.

Leo: Birgt die enorme Anzahl an Bands die Gefahr, dass kreative Bands leicht untergehen und nur diejenigen mit einem starken Label im Rücken eine echte Chance bekommen?
Johan:
Vielleicht ist es für die Fans schwieriger geworden, die wirklich guten Bands heraus zu filtern und den Überblick zu behalten. Die wirklich guten Bands werden jedoch immer heraus stechen.

Leo: Bist Du mit der Entwicklung des Internets zufrieden?
Johan:
Ja, es ist ein guter Marktplatz, gut für die Werbung und ich mag es, mich tagtäglich darin herum zu treiben.

Leo: Was haben denn Deine Eltern gemeint, als sie bemerkt haben, dass Du ein Metal-Abhängiger bist?
Johan:
Es war eigentlich mein Vater, der mich zu den ersten Konzerten geschleppt hat, er mochte die alten Bands wie Black Sabbath oder Led Zeppelin, diese Art von Musik und er brachte mich zu einem Iron Maiden Konzert.

Leo: Hattest Du damals schon lange Haare?
Johan:
Ja, ich hatte eigentlich immer lange Haare, nur als ich 13 war oder so, da wurden sie mal abgeschnitten, aber mit 15 waren sie schon wieder lang, hehe! Ich musste auch nicht zur Armee, zu dieser Zeit hatte die Armee eine Menge Einsparungen und konnte es sich einfach nicht leisten, alle Jugendlichen einzuberufen. Normalerweise müssen alle zur Armee, aber damals musstest Du nur sagen „Ich will nicht“ und bist abgezogen.

Leo: Sind Dir CDs oder Schallplatten lieber?
Johan:
Ich mag eigentlich beides. Der Klang der CD ist besser, aber ich mag das Format der Platte sehr gerne. Es ist einfach netter zu betrachten und in der Hand zu halten. Das neue Album With Oden On Our Side ist wirklich nett, es erscheint als 180 Gramm schweres Vinyl in rot. Ich hoffe dass man es überall kaufen wird können. Außerdem gibt es ein paar Editionen der CD wie etwa die Sonderauflage für den Media Markt mit Bieröffner, die limitierte Version und die Standardversion und auch die amerikanische Auflage.

Leo: Der Bieröffner ist wahrhaft ein passendes Symbol für AMON AMARTH! Welches Bier trinkst Du am liebsten?
Johan:
Grundsätzlich mag ich Ale, englisches Ale, das ist mein bevorzugtes Bier; auch dunkles Mischbier schmeckt mir.

Leo: Wie sieht es mit Met aus?
Johan:
Met? Ja, ganz gut, aber ich trinke ihn eigentlich nicht so häufig, I trinke meistens Wein, Rotwein bevorzugt.

Leo: Kannst Du auch mit anderen Musikrichtungen abgesehen von Metal etwas anfangen?
Johan:
Ja, ich mag Industrial in der Art von Rammstein, aber ich höre nicht wirklich viele Bands und andere Genres, also hauptsächlich Metal!

Leo: Wie lange probt Ihr für eine Tour?
Johan:
Bevor wir auf Tour gehen, müssen wir eine Woche lang jeden Tag proben, für ein Album dauert der Prozess etwa ein Jahr – wir beginnen Material zu schreiben, treffen uns dann im Proberaum, meist von neun Uhr vormittags bis 4 am Nachmittag. Wir spielen, entwickeln neue Ideen und stellen die Songs zusammen. Ich übe nicht wirklich, ich versuche nur neue Melodien und Klänge zu finden. Es ist nicht so, dass ich herumsitze und Skalen rauf und runter spiele.

Leo: Wie wichtig sind das Touren und der Fankontakt für Dich?
Johan:
Das ist der Hauptgrund warum wir in dieser Band spielen, um vor den Fans alles zu geben! Abgesehen davon ist es das Haupteinkommen der Band.

Leo: Reicht das Geld, das Ihr mit der Musik verdient oder müsst Ihr noch einem anderen Job nachgehen?
Johan:
Wir verdienen jetzt genug Geld damit, seit dem Fate Of Norns Album, welches bis jetzt das Erfolgreichste für uns war. Das Neue ist noch um einiges besser in den Charts, ich glaube auf Position 21, der Vorgänger schaffte es auf Platz 38 oder so.

Leo: Gibt es den typischen AMON AMARTH Fan?
Johan:
Ich weiß es nicht wirklich, die Fangemeinde ist wohl sehr gemischt – ältere Leute genauso wie Jugendliche oder Menschen in unserem Alter. Jeder kann AMON AMARTH hören, haha! Jeder der Metal mag, sollte AMON AMARTH hören! Es ist mehr gewöhnlicher Metal, nicht nur Death Metal.

Leo: Was ist die Besonderheit an AMON AMARTH, das die Band anders macht?
Johan:
Wir sind eher traditionell im Songwriting und Stil, nicht so technisch veranlagt im Tempo, es gibt Ohrwurm-Melodien und etwas, worauf sich die Fans verlassen können.

Leo: Wie wichtig sind Dir Symbole im Viking Death Metal?
Johan:
Es ist grundsätzlich cooles Zeugs, das sehr gut zu unserer Musik passt. Es ist eine großartige Quelle, um Geschichten zu verfassen und es wird auch nicht langweilig, denn Du kannst über alles schreiben, man muss dann nur Charaktere der Wikingergeschichte einfügen, es kann sich um alles drehen.

Leo: Týr sind auch Viking Metal, nur unterscheiden Sie sich deutlich. Warum sind Sie mit Euch auf Tour?
Johan:
Týr sind mehr “richtiger” Folk Metal und es ist wirklich cool, verschiedene Richtungen auf Tour vertreten zu haben. Ich mag es auch nicht, auf Konzerte zu gehen, wo sich alle Bands gleich anhören. Wintersun sind dann noch technischer und ziemlich schnell.

Leo: An welchen Plätzen bist Du am kreativsten? Magst Du die Natur?
Johan:
Die meisten Riffs fallen mir zu Hause ein. Dort habe ich ein Heimstudio, wo ich sitze und Gitarre spiele, Dann sehe ich wieder einen Film und werde dadurch inspiriert. Ich mag die Natur, vor allem die Alpen, in Österreich war ich schon Ski laufen, dort ist der Schnee und das Skilaufen wirklich schön. Ebenso mag ich es im Meer zu tauchen und zu schwimmen.

Leo: Wie beurteilst Du die Death Metal Szene im Allgemeinen? Gibt es ein paar Anführer und zu viele Nachfolger?
Johan:
Es gibt viel Kreativität in der Szene, aber all die neuen Stile ist nicht wirklich das, was mir gefällt. Ich denke nicht, dass etwa gut ist, nur weil es neu ist…eine starke Melodie und einprägsame Riffs machen einen guten Song aus.

Leo: Sollte eine Band neue Einflüsse zulassen?
Johan:
Jeder sollte die Art Musik spielen, die er selber gerne hören würde, so wie wir es auch machen! Wir wollen auch nicht in irgendein Genre passen, wir spielen das was wir wollen, so einfach ist das!

Leo: Würde eine Zusammenarbeit mit einem Orchester für Euch reizvoll sein?
Johan:
Nein, das wurde schon zu oft umgesetzt.

Leo: Gibt es Bands, mit denen Du unbedingt auf der Bühne stehen willst?
Johan:
Eines Tages möchte ich gerne Slayer begleiten oder Rammstein, obwohl unsere Musikstile wohl nicht sehr gut zusammen passen würden…und Iron Maiden!

Leo: Leider konnte ich Eure DVD noch nicht ansehen – aus welchem Grund sollte ich sie mir zulegen?
Johan:
Ich denke dass sie die Livesituation gut einfängt. Wenn Du noch nicht die Gelegenheit hattest, AMON AMARTH live zu sehen, ist das die beste Gelegenheit dazu.

Leo: Wie hat Dir das MetalCamp in Slowenien gefallen?
Johan:
Das war richtig fein! Wir haben dort noch nie gespielt und waren von den Resonanzen überwältigt!

Leo: Die letzten Fragen sind theoretischer Natur: was müsste passieren dass Du Dir die Haare schneidest und als Polizist arbeitest wie seinerzeit Matt Barlow von Iced Earth?
Johan:
Hahaha, ich weiß es nicht – wenn ich alt werde und meine Haare ausfallen, dann lasse ich mir vielleicht eine Glatze scheren?!?! Wenn die Band niemanden mehr interessiert und wir nicht mehr weitermachen wollen?

Leo: Wenn Du mal zu viel erwischt hast, wie bekämpfst Du den Kater am nächsten Tag?
Johan:
Ich nehme niemals Kopfwehtabletten, bei mir hilft Wasser trinken und Pizza essen!

Leo: Ich bedanke mich für Deine Zeit, um die Fragen zu beantworten und freue mich schon auf den Konzertabend!

 

11/2006 © Leo Seebauer • Amon Amarth