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2006-06-08 DE – Düsseldorf - Philipshalle

TOOL sind unbestritten einer der erfolgreichsten, prägendsten und wichtigsten Rockbands des neuen Jahrtausends. Nach intensivem Touren zu Lateralus hat man sich sowohl eine kleine Pause, als auch viel Zeit für ein neues Album gelassen. Nach 5 Jahren erscheint mit 10,000 Days das nunmehr vierte Album der Kalifornier und räumt damit wieder alles ab. So genial und begnadet das Quartett bestehend aus Maynard James Keenan (Gesang), Adam Jones (Gitarre), Bassist Justin Chancellor und Drummer Danny Carey in musikalischer Hinsicht auch ist, so egozentrisch und exaltiert sind diese Musikerseelen auch. Ein egomanischer Haufen Kontrollfreaks eben...

Tool

Das aktuelle Album wird derzeit in europäischen Landen dem Volke livehaftig näher gebracht, sei es nun auf den großen Sommerfestivals wie dem Rock am Ring oder Hallenshows, die natürlich alle lange vorher ausverkauft waren. Das ich tatsächlich TOOL (zum ersten Mal) in Düsseldorf live sehen würde, verdanke ich ausschließlich Sony/BMG, wofür ich mich noch mal recht herzlich bedanke :)

Gegen 18 Uhr fand ich mich vor der Düsseldorfer Philipshalle ein, an der in drei riesigen Schlangen bereits ca. 1500 Leute bei fantastischem Sonnenschein auf den Einlass warteten. Während sich die äußerst buntgemischte Ansammlung an Fans stetig vergrößerte, konnte man bereits die ersten Erlebnisberichte von den vorangegangenen Shows und Festivals vernehmen. Pünktlich um halb Sieben wurde dann an 4 Türen das Volk eingelassen, nicht jedoch ohne jeden einzelnen aufs penibelste zu kontrollieren. Da wurde sogar in den Schuhen nachgeschaut. Solch enorme Sicherheitsvorkehrungen sind mir bei einem Konzert noch nicht untergekommen. Man hätte meinen können, Bush und Merkel treffen sich hier zum Kaffeekranz... Demzufolge musste ich sogar meine kleine Kamera abgeben; andere sogar ihre Gürtel, die ansatzweise sowas wie Nieten aufzuweisen hatten. Aber Stift und Block durfte ich zum Glück behalten, und meine Nagelfeile auch ;) Diejenigen, die es doch geschafft hatten, eine Digicam reinzuschmuggeln, wurden dann gnadenlos von den Ordnern ausfindig gemacht.
Drinnen gab es das übliche Getümmel an den Garderoben, Getränkeständen und natürlich dem Merchandise-Stand, an dem man zu horrenden Preisen aus zwei verschieden T-Shirts, einem Longsleeve (für 40 Euro!), ein Poster und Pants wählen konnte. Drinnen hab ich mir erst mal einen bequemen Platz auf den Rängen gesucht, von dem man einen guten Blick auf die Bühne hatte und harrte mit Getränken ausgestattet der Dinge, die da kommen würden. Als ich den Rock Hard Fotografen Axel Jusseit entdecke, keimt für einen Bruchteil einer Sekunde die leise Hoffnung auf, vielleicht doch ein Livefoto ergattern zu können, was aber von mehrseitigen Knebelverträgen mit Klageandrohung sofort zunichte gemacht wird. Schade.

Mit einer dezenten Verspätung von 10 Minuten ging es kurz nach 20 Uhr los. TOOL pur, ohne eine Vorband. Nach dem obligatorischen Intro stieg man mit Rosetta Stoned vom brandneuen Album auch gleich perfekt ein. Während Adam Jones und Justin Chancellor vorne standen, befanden sich Keenan und Danny Carey auf einem Podest dahinter. Im Hintergrund standen vier riesige Screens, abgeteilt mit Lichtsäulen, auf den diverse Visualisierungen liefen.
Was auf den ersten Höreindruck etwas matschig klang, entwickelt sich nach 10 Minuten zu einem grandiosen Soundgemälde, der so ziemlich jeden in seinen Bann schlägt. TOOL sind musikalisch über jeden Zweifel erhaben! Nach einem kurzen „Hello Germans“ wird die Band wird frenetisch gefeiert und viele Songs mitgesungen. Ein mächtiger Chor aus ca. 7500 Stimmen. Da stellen sich einem unweigerlich die Haare auf. Was für ein Gefühl! Weiter geht’s mit Stinkfist und Fourty Six & 2 vom 96iger Album Ænima, die nun wirklich jeder Anwesende kannte; zurück zu 10,000 Days mit Jambi und Right In Two und dann Shism von Lateralus (2001). Danach folgt ein Interlude, welches die erste Stunde des Konzertes markiert. Keenan verschwindet kurz von der Bühne, nachdem er die ganze Zeit entweder an einer Flasche hing oder mit einem Handtuch rumhantierte. Mit nacktem Oberkörper und Cowboy-Hut trug er im Übrigen ein „altbekanntes Outfit“, ebenfalls nicht neu sein minimaler Bewegungsradius. Auch die Saiten-Fraktion tat sich nicht gerade durch Agilität hervor. Während der Basser immerhin noch ein bisschen rockte, schien der Gitarist angenagelt zu sein. Und das, obwohl alte wie neue Songs live ungemein abgingen, ja richtiggehend heavy waren. Krasser Gegensatz. Nach Sober (vom Debüt Album Undertow) und Lateralus legte die Band ihre Instrumente beiseite, setzte sich gemeinsam ... öhm... erschöpft (?) auf’s Podest und animierte das Publikum. Nach nicht allzu lange skandierten Rufen gab es mit Vicarious und Ænema bereits die Zugabe. Nach nur einer Stunde und 40 Minuten verabschiedete sich Keenan knapp mit „Thank you Germans, see ya next time“ und das Licht wurde wieder angeknipst. Das war’s. Was blieb, war, ein großartiges leider viel zu kurzes Konzert erlebt zu haben. Nein ehrlich... so affig und Scheiße ich das Benehmen der Band und ihre arrogante Einstellung finde, so genial ist ihre Musik! So ein Konzert muss man erlebt haben ;)

Setlist: Rosetta Stoned, Stinkfist, Forty-Six & 2, Jambi, Schism, Right In Two, (Interlude), Sober, Lateralus // Intro, Vicarious, Aenema

Wer nun aber dachte, dass man vor Mitternacht zu Hause sein könnte, sah sich getäuscht. Wenn 7500 Leute versuchen vom Parkplatz zu kommen, gibt es naturgemäß ein Chaos. Zumal die Parkplatzkapazitäten der Philipshalle lange nicht ausreichen und viele Autos einfach auf der rechten Spur der „Schnellstrasse“ parkten, was für zusätzliche Behinderungen und Staus sorgte. Meine Wenigkeit hatte, da noch nicht mal mehr eine Mikroampere Strom in der Autobatterie war, alle Zeit der Welt :P Naja, ganz so schlimm war es nicht, der Pannenhelfer war grad 2 Straßen weiter unterwegs und somit nach dem Anruf in 20 Minuten da. Ruckzuck war die Wegfahrsperre ausgetrickst und konnte ich den Motor anlassen, um wieder ein paar Ampere zu erwirtschaften. Mit dem aktuellen TOOL Album im Ohr ging es auf die Piste und der ersten Ausschlafnacht seit langem entgegen...

 

story © Dajana