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2006-10-07 AT – Vienna - Planet Music

Den letzten Auftritt von SATYRICON in Wien vor dreieinhalb Jahren habe ich noch in eher mittelmäßiger Erinnerung – schwach besucht, nicht sonderlich toller Sound, durchwachsene Songauswahl und eine nicht gerade übermotiviert wirkende Band, die der damaligen Vorgruppe Khold so gerade noch das Wasser reichen konnte. Noch dazu bin ich vom aktuellen Album Now, Diabolical mit Ausnahme der ersten 3 Stücke eher wenig begeistert. Aber irgendwo in der Magengegend hatte ich das Gefühl, dass es diesmal trotzdem eine lohnende Sache werden könnte, die 22 Euronen zu investieren – u.a. auch wegen der interessanten Vorgruppen KEEP OF KALESSIN und INSOMNIUM sowie aufgrund eines sehr lesenswerten Satyr-Interviews im schwedischen Slavestate – Magazin.

:: Fotos ::

Als meine Freundin und ich kurz vor Konzertbeginn im Planet Music eintrudelten, war die Hütte bereits bummvoll – also gleich einmal ein deutlicher Unterschied zum 2003er Konzert, wobei etliche aus osteuropäischen Nachbarländern Angereiste einen nicht unwesentlichen Anteil des Publikums ausmachten. Gleich darauf legten die Finnen von :: INSOMNIUM :: mit ihrem melodischen, sehr stark an die letzten Veröffentlichungen von Dark Tranquillity erinnernden Gemisch los und ernteten recht gute Reaktionen. Vor der Bühne konnte man sich zwar noch problemlos bewegen, aber immerhin war schon deutlich mehr los als bei anderen Konzerten um diese Zeit. Die zahlreichen etwas ruhigeren Passagen lösten auch keinerlei Unmut aus, und fast hatte man das Gefühl, dass da doch tatsächlich der eine oder andere dezidierte INSOMNIUM-Fan unterwegs war, bei dem das jüngst erschienene neue Album Above The Weeping World eingeschlagen hat. Netter Beginn.

Danach begann ein weiterer arbeitsreicher Abend für Obsidian C., der ja auch bei Satyricon als Live-Gitarrist werkt. Zunächst war aber mal sein eigenes Putzi :: KEEP OF KALESSIN :: an der Reihe und konnte nicht nur mich voll und ganz überzeugen. Die episch angehauchten, melodischen Schwarzmetallstücke der Norweger wurden regelrecht abgefeiert. Die Mischung zwischen melodischem Gesang und Black Metal – Gekrächz kam live noch um einiges aggressiver rüber als auf der sehr gelungenen aktuellen CD Armada, deren Stücke natürlich den Auftritt dominierten (es gab aber auch 2 ältere Nummern zu hören, die sogar noch besser zu gefallen wussten, weil noch um ein Eckerl härter und kompromissloser als das aktuelle Zeugs). Auf der Bühne war permanentes Propeller-Bangen der ganz in schwarz gewandeten Band angesagt, und auch vor der Bühne kam zunehmend mehr Bewegung in den mittlerweile bereits g’steckt vollen Saal. Umso bedauerlicher, dass der Set bereits 10 Minuten früher als im Zeitplan vorgesehen beendet wurde. Sehr intensive Sache jedenfalls, ganz stark! Und so sahen auch einige im Publikum, die mit der Band nicht so vertraut waren.

Die bei manchem schwelende Befürchtung, dass :: SATYRICON :: sich voll und ganz auf das Material der letzten Alben konzentrieren würden (immerhin ist der stilistische Unterschied zu den alten Sachen nicht unbeträchtlich und die Herren betrachten derzeit das schlichte, rohe Zeugs von Now, Diabolical und Volcano als so etwas wie die Essenz des Black Metal) wurde gleich zu Beginn ausgeräumt, als die Band Punkt halb elf unter tosendem Beifall zum Intro von Dark Medieval Times auf die Bühne marschiert kam (der große Meister natürlich als letzter) und danach tatsächlich mit dem dazugehörigen Debüt-Klassiker Walk The Path Of Sorrow loslegte. Eine echte Überraschung. Und weiter ging es gleich mit der genialen Shadowthrone-Nummer Dominions Of Satyricon, sodass man als Fan der frühen Sachen echt erst einmal nichts zu meckern haben konnte, außer vielleicht über den Sound, der aber immerhin durchschnittlich war. Danach war aber erst einmal Schluss mit den Klassikern und für den Rest der regulären Spielzeit gab es mit einer Ausnahme tatsächlich nur noch Material der letzten beiden Scheiben. Satyr war zum Unterschied vom letzten Mal sehr redefreudig, sichtlich gut drauf und kein bisschen abgehoben. Beim dritten Stück Now, Diabolical verbesserte sich der Sound nochmals um einige Ecken, und im Publikum ging es noch deutlich heftiger zu als eh schon am Anfang. Stimmungsmäßiger Höhepunkt des Pflichtteils war zweifellos K.I.N.G., von Satyr in bester Hetfield-Manier (Herr Wongraven ist ja bekanntlich ein Fan des Metallica-Frontviechs) mit einem „ich zähl bis vier und dann schreien alle K.I.N.G.“ – Spielchen eingeleitet, bei dem sehr viele willig mittaten. Dann wurde mitgeteilt, man werde heute Stücke von allen Alben spielen, und mit Forhekset untermauerte man diese Ankündigung auch gleich auf äußerst erfreuliche Art. Die Darbietung der Band kann man nur als souverän bezeichnen, mächtig und heftig rockend. Satyr hielt immer wieder seinen schlangenförmigen Mikrofonständer ins Publikum, um die Reaktionen noch besser einfangen zu können. Er schien auch ehrlich begeistert davon zu sein. Die Dame am Keyboard glänzte mit ekstatischen Verrenkungen und wildem Bangen. Laut Frost ernten SATYRICON auf dieser Tour den größten Jubel ihrer Karriere – ich glaub’s ihm gern. Bei Repined Bastard Nation, dem pathetisch angekündigten The Pentagram Burns und vor allem Fuel For Hatred erreichte die Halle dann nochmals Siedetemperatur, bevor sich die Band erst einmal zurückzog und aus sicherer Entfernung den lautstarken Zugabeforderungen lauschte.

Als die „Zugabe!“- und „Satyricon!“-Rufe schließlich in immer lauteres „Mother North“-Gebrüll übergingen, erschienen die Herrschaften schließlich wieder und machten mit dem äußerst brachial rüberkommenden Filthgrinder endgültig den Sack bezüglich „Stücke von allen Alben spielen“ zu. Dann kam natürlich die bewusst blöde Frage, ob es denn irgendeine spezielle Nummer gäbe, die man da jetzt noch zu hören wünsche. Überflüssig, zu erwähnen, was folgte (mir wär ja das Titelstück von Nemesis Divina lieber gewesen…). Und natürlich Begeisterung pur. Eine glückliche Band verabschiedete sich nachher vom größtenteils glücklichen Publikum, in dem zwar sicherlich der eine oder andere (z.b. auch ich) gern noch mehr alte Stücke gehört hätte, aber niemand ernsthaft unzufrieden sein konnte.
Setlist: Walk The Path Of Sorrow; Dominions Of Satyricon; Now, Diabolical; Possessed; K.I.N.G.; Forhekset; Delirium; Repined Bastard Nation; The Pentagram Burns; Fuel For Hatred // Filthgrinder & Mother North

Fazit: Das anfangs erwähnte Gefühl in meiner Magengegend hat mit nicht getäuscht – das Kommen hat sich mehr als ausgezahlt. SATYRICON in dieser Form – gern jederzeit wieder. Trotzdem bleibt auch die Hoffnung, dass die Norweger ihren alten Stil nicht völlig begraben.

 

story & pics © Gunnar