2013-05-18 DE – Gelsenkirchen - Amphitheater
 
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Queensrÿche - D-A-D - Ensiferum - Naglefar - Desaster - Mustasch - Horisont - Slingblade

:: Fotos ::

[Sui] Der Samstag fing dann musikalisch gleich extrem an: extrem unspektakulär. Die Billing-Verantwortlichen wollten wohl das Publikum nicht gleich mit einem Kracher als Opener überfordern. :: SLINGBLADE :: aus Schweden waren mit ihrem traditionellen Heavy Metal nicht mal wirklich schlecht, aber die ganze Performance wirkte irgendwie blutleer. Vor allem die Sängerin muß unbedingt noch an ihren Frontfrau-Qualitäten und dem Ausdruck ihrer Stimme arbeiten. Wenn das Publikum um diese Uhrzeit noch nicht frisch wirkt, ist das verständlich. Aber ein Opener sollte da lebendiger wirken.
[Psycho] Der zweite Tag, und wir waren sogar pünktlich da. Die mir bis dato völlig unbekannten SLINGBLADE dankten uns das allerdings mit einem Auftritt ohne jegliche Höhepunkte, aber immerhin auch ohne Durchhänger. Der traditionelle Metal mit deutlicher Hard Rock-Schlagseite blieb (für verkaterte Zuschauer angenehm) unspektakulär, das war’s dann aber auch schon. Aus den Augen, aus dem Sinn…
[Dajana] Und ich hatte mich extra beeilt, da mir suggeriert wurde, diese Band schon aus fotografischer Hinsicht nicht zu verpassen. Aber auch in diesem Fall entpuppten sich SLINGBLADE also totale Nullnummer. Musikalisch bot man quasi der Reihe nach Songs vom 2011er Debüt The Unpredicted Deeds Of Molly Black, also auch da nix Neues.
Setlist: The Nature Of Evil, Back To Class, Tie Her To The Cross, The Demon, Slasher On The Loose, This Dream Will End, Molly's Death, Give Back What You Borrow

[Dajana] Danach wurde es irgendwie nicht wirklich besser. (Schwedischer) Stoner Rock ist ja total hip dieser Tage und es gibt eine Flut an Bands. Da machen :: HORISONT :: keine Ausnahme. Obwohl sie musikalisch grandios und optisch sowas von knuffig sind, reichen mir eigentlich schon die Bands, die meinen Weg bisher gekreuzt haben.
[Psycho] Ehrlich gesagt hatten HORISONT bei mir schon vom ersten Ton an verloren, ich kann diesem ganzen 70ies-Geschwurbel einfach nur herzlich wenig abgewinnen. Immerhin machte die Band einen deutlich engagierteren Eindruck als ihre Vorgänger und kam daher konsequenter Weise auch deutlich besser an.
[Sui] Zugegeben, der mal schleppende, mal treibende Black-Sabbath-meets-Deep-Purple-meets-Thin-Lizzy-70s Hardrock der hochgelobten Göteborger HORISONT war als Weckruf vielleicht auch nicht das Richtige, dafür wurde es aber musikalisch deutlich interessanter. Zu Beginn gab es die Schweden allerdings erst mal nur instrumental, da der Gesang nicht über die PA kam (das Problem hatten zuvor auch Ashes Of Ares, da war’s im Nachhinein aber nicht so schlimm). Dann groovte es aber ordentlich, wobei ich die verschiedentlich geäußerte Meinung, daß die Atmosphäre der Musik in einem kleinen Club besser rüberkommt als auf einer (etwas zu) großen Open-Air-Bühne, durchaus nachvollziehen kann. Der Sänger erinnerte mich eher an Ian Gillan als an Ozzy, was ja nicht schlecht sein muß.
Setlist: Visa Vägen, On The Run, The Unseen, Crusaders Of Death, Time Warrior, Magnus Kills, Thunderfight, Nightrider, Second Assault

[Dajana] Überraschungssieger des Tages waren hernach :: MUSTASCH :: Ich hatte die (schon wieder) Göteborger bisher nie live gesehen und hatte nun ordentlich meinen Spaß. Die Jungs wissen wie man rockt und sein Publikum von den Füßen reißt.
[Psycho] Habe ich leider nicht gesehen. Die auf der Arbeit antrainierte Zeit für die Mittagspause forderte ihren Tribut, bei der Gelegenheit war ich dann auch noch etwas shoppen…
[Sui] Für Psycho war’s wohl eher nichts, denn auf dem Papier schlagen MUSTASCH in eine ähnliche musikalische Kerbe wie ihre Landsleute von Horisont. Live und in Farbe wirkte es aber dann doch ganz anders - aus meiner Sicht eine ganze Klasse besser, wobei Horisont beileibe nicht schlecht waren. Aber die Jungs um den sympathischen Frontmann Ralf Gyllenhammar rockten einfach das Haus und traten mächtig in den Arsch. Die irgendwie deutschsprachigen Ansagen des Sängers kamen ebenso gut an wie die diversen leicht kuriosen Mitgröhlparts. Auch der Sound konnte erstmals an diesem Tag richtig überzeugen, so daß auch ein paar Feinheiten wie die verschiedenen Effekte des Bassers (Wah, Envelope-Filter) gut rüberkamen. Krönender Abschluß, über den herzlich gelacht wurde: Whitney Houstons „I will always love you“ vom Band. Für mich das erste Highlight des Tages!
Setlist: Black City, Mine, It’s Never Too Late, I Don’t Hate You, Down In Black, Tritonus/Heresy Blasphemy, Bring Me Everyone, Speed Metal, Double Nature, I Hunt Alone, Outro

[Psycho] Nach den eher gemäßigten Klängen bis hierhin wurden die Zuschauer nun mit einer ordentlichen Dosis Black/Thrash wachgerüttelt. :: DESASTER :: kannten da keine Gnade und legten eine ordentliche Show hin, für die sie vom Publikum amtlich abgefeiert wurden. Offensichtlich bestand da gerade ein Bedürfnis nach etwas mehr Tempo und Härte…
Als einzige Band des Festivals ließen es sich die Jungs auch nicht nehmen, einige Worte zum Tode von Jeff Hanneman zu finden und ihn mit Black Magic zu huldigen. Mir unverständlich, warum sonst niemand (auch von der RH-Crew nicht) auf diese eigentlich naheliegende Idee gekommen ist. Dafür noch mal ein großes Extra-Danke schön nach Koblenz!
[Dajana] An DESASTER: scheiden sich die Geister. Entweder man mag sie, oder eben nicht. Technische Raffinessen und ausgefeiltes Songwriting gibt es auch nach 25 Jahren Bandhistorie nicht, dafür old schooligen, rumpeligen, schwarz angehauchten Thrash Metal, der von Herzen kommt. Irgendwie kultig…
[Sui] Von dem Gebolze der deutschen Black-Thrash-Urgesteine DESASTER habe ich dann nur die ersten Takte mitbekommen. Eine gute Gelegenheit, sich mit überteuerten, fetttriefenden Pommes die Geschmacksnerven zu verkleistern.
Setlist: Nekropolis Karthago, Devil’s Sword, Phantom Funeral, Divine Blasphemy, Hellbangers, Teutonic Steel, Satans Soldiers Syndicate, Black Magic, Metalized Blood

[Psycho] Neben Queensrÿche waren :: NAGLFAR :: für mich am Samstag die Band, auf die ich mich vorher am meisten gefreut habe. Wenn man über anspruchsvollen, melodiösen Black Metal spricht, muß einfach der Name dieser Band fallen. Für mich daher erstaunlich, daß sich für die Schweden zunächst weniger Leute als davor für Desaster interessierten. Alle Anwesenden bekamen aber einen kraftvollen Gig dargeboten, der leider ein wenig unter dem schlechtesten Sound des Tages litt. Trotzdem: mit dem Songmaterial und der musikalischen Qualität kann man eigentlich nichts falsch machen. Für mich das erste echte Highlight des Tages!
[Sui] Zu NAGLFAR kann ich auch nicht viel schreiben, außer daß sie musikalisch immerhin einen kompetenten Eindruck machten und gut abgefeiert wurden.
Setlist: Pale Horse, The Darkest Road, Bring Out Your Dead, I Am Vengeance, The Perpetual Horrors, As The Twilight Gave Birth To The Night, A Swarm of Plagues, Harvest

[Psycho] Mit :: ENSIFERUM :: hatte ich mich noch nie so richtig beschäftigt. Die Finnen zeigten mir leider bereits mit den ersten Songs, warum sich daran auch zukünftig nichts ändern wird: denn zu simplen Speed Metal-Riffs werden einfach noch einige Chöre und Flötentöne vom Band gemischt, das war’s. Von Viking/Folk/Pagan Metal erwarte ich aber einfach deutlich mehr Atmosphäre, und die gab’s hier leider nicht. Immerhin: Party machen können die Finnen! So war die ganze Band permanent in Bewegung, und der gesamte Auftritt war unterhaltsam anzuschauen. Kann nicht jeder von sich behaupten, daß Energielevel über den kompletten Set so hoch zu halten.
[Dajana] Ich muß gestehen, ich kann all das Viking/Folk/Pagan/Humppa Zeugs nicht mehr hören (und sehen). Da macht es dann auch nix, wenn solch eine Band wirklich gut ist und alles in Schutt und Asche legt…
[Sui] Die finnischen Lederrock-Träger ENSIFERUM konnten ebenfalls auf eine große Fanbase im Publikum bauen. Aber um den eher putzigen als wikingerhaften Sauft-Brüder-rauft-Brüder-Metal der Schwertträger genießen zu können, hatte ich wohl noch nicht genug Bier nachgegossen. Immerhin ging die Band technisch sehr versiert zu Werke und hinterließ mit ihrer recht unterhaltsamen Show einen guten Eindruck.
Setlist: Intro, In My Sword I Trust, Guardians Of Fate, From Afar, Burning Leaves, One More Magic Potion, Retribution Shall Be Mine, Stone Cold Metal, Ahti, Twilight Tavern, Iron

[Psycho] Ein Deja Vu? Denn schon am Vortag fragte ich mich, wie es wohl zu diesem Co-Headliner gekommen ist… :: D-A-D. :: waren schließlich erst vor wenigen Jahren beim RH (2009, um genau zu sein), spielten da am Nachmittag und haben dabei kaum jemanden vom Hocker gerissen. Zumindest mir war nicht klar, was sich daran in der Zwischenzeit geändert haben sollte… Nun, wenigstens wissen die Dänen, wie man unterhält und das Publikum bei Laune hält. Die Musik verkam dabei zwar ein wenig zur Nebensache, aber lustig war’s trotzdem. Immerhin mehr, was man gestern an gleicher Stelle zu berichten hatte.
[Sui] Daß sogar der Co-Headliner (und sechste skandinavische Band des Tages) D-A-D mit anfänglichen Gitarrenproblemen zu kämpfen hatte, wunderte mich etwas und ließ mich insgesamt an der Professionalität der Techniker zweifeln. Keinen Zweifel gab es hingegen am Unterhaltungswert der dänischen Cowpunk-Veteranen. Mein persönlicher Eindruck war, daß sie dieses Jahr deutlich motivierter unterwegs waren als auf ihrem letzten RHF Gastspiel. Allein die Instrumente des Bassisten waren schon das Zuschauen wert. Ein Tommy-Lee-Memorial-Drumsolo, begleitet von einer völlig hirnverbrannten Story des Sängers war nur einer von mehreren Höhepunkten. Musikalisch zwar abwechslungsreich aber nicht unbedingt eine Offenbarung, machte die Truppe auf jeden Fall gute Laune.
Setlist: Isn’t That Wild, Jihad, A New Age Moving On, Everything Glows, Rim Of Hell, Grow Or Pay, Riding With Sue, Last Time In Neverland, Monster Philosophy, I Want What She’s Got, Bad Craziness, The End, Sleeping My Day Away

[Dajana] War der Tag trotz der einen oder anderen Überraschung bzw. guten Show insgesamt recht lahm (wie schon der Freitag), gab es am Ende eine Band, die das alles wieder wettmachte, nämlich :: QUEENSRŸCHE ::, neben Audrey Horne mein Grund für das diesjährige ROCK HARD FESTIVAL. Diese Show war einfach unglaublich… Unglaublich grandios, unglaublich geil, unglaublich umwerfend. Jenseits aller Erwartungen…
[Psycho] Ich muß gestehen, daß ich bis zu diesem Zeitpunkt doch sehr enttäuscht vom diesjährigen RHF war: zu viele Belanglosigkeiten oder Enttäuschungen, und überhaupt zu wenig METAL! Dazu noch das kalte Wetter (dazu kann natürlich keiner was) - ich war froh, daß ich meinen E-Book-Reader dabei hatte…
Und dann noch die große Unbekannte des Samstags: QUEENSRŸCHE mit neuem Sänger, und im Prinzip nach den ganzen Querelen mit Geoff Tate auch mit einer Art Neustart. Die Band war extra für diesen einen Auftritt nach Europa gekommen, und wahrscheinlich hatte niemand im Rund konkrete Vorstellungen davon, was ihn denn nun wirklich erwarten würde.
Zum Glück konnten QUEENSRŸCHE dann aber sämtliche Ansprüche und gesteckten Hoffnungen mehr als befriedigen und legte den bis dato besten Auftritt des Festivals hin: tolle Songauswahl, super Sound und mit Todd La Torre einen genial guten Sänger und Frontmann, der keine Wünsche offen ließ. Der Mann war nicht nur stimmlich eine Wucht und bestand bei sämtlichen Klassikern, sondern lieferte auch noch eine gute Show ab und befand sich permanent in Interaktion mit dem Publikum. Wer braucht da noch Geoff Tate?
[Dajana] Geoff… wer?...
[Psycho] Neben vielen alten Perlen gab es auch zwei neue Songs, Redemption und Fallout, zu hören, die mir beide ausnehmend gut gefielen. Diesem Maßstab zur Folge wird das neue, selbst betitelte Album der Hammer! Nach 90 viel zu kurzen Minuten war es dann leider auch schon wieder vorbei, das hätte gerne noch zwei Stunden so weitergehen können. QUEENSRŸCHE hinterließen ein positiv überraschtes und sogar euphorisiertes Publikum; und fast wirkte es so, als ob alle Beteiligten das so nicht erwartet hätten und daher jetzt um so glücklicher waren. Die Band selber war auf jeden Fall ebenfalls mächtig angetan…
[Sui] Ich fand den Tag unterm Strich alles andere als lahm, aber das ist Geschmacksache. Der nun folgende Headliner QUEENSRŸCHE hatte auch weniger damit zu schaffen, einen lahmen Tag wettzumachen, als vielmehr fast zwei lahme Band-Dekaden aufzuarbeiten. Ist jemals eine Band beim RHF mit so großen Erwartungen konfrontiert gewesen? Das Intro der deutschen Rammstein-Epigonen Eisbrecher sorgte jedenfalls erst mal für hochgezogene Augenbrauen. Dann kamen sie selbst auf die Bühne und fegten alle Zweifel hinweg, daß sie die wahren QUEENSRŸCHE sind. Ein Hammer-Gig! Bei Walk In The Shadows hab ich ‘ne Gänsehaut gekriegt, und bei Eyes Of A Stranger stand mir fast das Pipi in den Augen. Die beiden neuen Songs fügten sich nahtlos in das Klassiker-Feuerwerk ein, das die Band abbrannte. Frontmann Todd la Torre ließ am Ende nur eine Frage offen: Wer war noch mal Geoff Tate?
Setlist: Queen Of The Reich, Speak, Walk In The Shadows, The Whisper, En Force, Redemption, Fallout, Child Of Fire, Warning, The Needle Lies, Prophecy, Roads To Madness, My Empty Room, Eyes Of A Stranger, Take Hold Of The Flame // Empire

[Psycho] Auch heute kann von Party-Wetter keine Rede sein - es ist einfach lausig kalt. Von daher leert sich das Gelände fast in Rekordzeit, ohne daß die Ordner wie in den Jahren zuvor nachhelfen müßten. Aber morgen sollte es ja besser werden…

 

story © Psycho, Sui, Dajana • pics © Dajana