2006-07-21-23 Sl – Tolmin

Samstag, 22.Juli 2006

ONE MAN ARMY AND THE UNDEAD QUARTET - Die Spucke weggeblieben?
Die ONE MAN ARMY, angeführt von Mr. Lindstrand, übernahm auf der Hauptbühne die Spielposition für HEAVEN SHALL BURN, die irgendwo im Stau festsaßen. Und sie machten ihre Sache gut. Der Sänger mit den längsten und buschigsten Koteletten des Festivals (lebt Elvis doch noch?) konnte die Fans schon gut animieren, der rockige Death Metal ist wie geschaffen, um eine Party zu feiern. So Grim, So True, So Real entpuppte sich als Höhepunkt des Sets, das alle Anwesenden zufrieden gestellt haben dürfte. Überraschend war, dass dem sonst dauerspuckenden Frontlama heute anscheinend im ausgetrockneten Mund die Spucke wegblieb.

HEAVEN SHALL BURN - Tolmin shall burn
In der Gluthitze von knapp 40 Grad durften HEAVEN SHALL BURN danach um 16 Uhr die Menge zum Schwitzen bringen. Energiegeladen war die Darbietung und die Songs vom neuen Album Deaf To Our Prayers knallen richtig gut, der Opener Counterweight ist ein typischer Kracher, noch einen Zacken kompakter und kompromissloser als in der Vergangenheit und fügt sich nahtlos ins Liveset ein. Eine lupenreine Death Metal Band mit einigen sehr guten Kompositionen bot eine mehr als ansprechende Darbietung am späten Nachmittag.

EVERGREY - Ausgelaugte Schweden-Proggies
Nachdem Sänger Tom Englund zu Beginn ankündigte, dass die Band gerade eine 15stündige Autofahrt absolviert hatte, war zu befürchten, dass die Jungs von EVERGREY müde sein würden. Mit der Routine einer Klasseband retteten sich die Prog-Metaller aber gekonnt über die Runden. Das Hauptaugenmerk wurde auf mittelschnelle Songs wie etwa More Than Ever oder Recreation Day gelegt, was mit der Zeit eine gewisse Eintönigkeit aufkommen ließ. Der Überhit von EVERGREY, nämlich A Touch Of Blessing, ist aber immer wieder ein Genuss und ein Fest für die Ohren – diese Nummer ist ein akustisches Geschenk! Der Sound war allerdings nicht gerade klar und kam ein wenig verwaschen daher, so wurde den Songs noch an Kraft genommen. Ich habe die Schweden schon wesentlich besser und agiler erlebt, doch es sei ihnen verziehen. Negativ wirkte sich das fehlende Licht aus – so kann keine Atmosphäre aufkommen.

WINTERSUN vs. Sommerhitze
Mit einem Dauergrinsen im Gesicht flitzten dann die Burschen von WINTERSUN auf die METALCAMP-Bühne. Schon zu Beginn fragte ich mich, wie die Band die großzügige Spielzeit wohl ausnützen würde – mit einem Album in der Hinterhand ein schwieriges Unterfangen. Tatsächlich beendeten WINTERSUN ihr Konzert schon vorzeitig und das bedeutet, dass dringend neues Material her muss! Die ganze Debüt-CD wurde demnach gefiedelt, wobei die Gitarren leider ein wenig zu leise eingestellt waren. Wie bereits erwähnt, machte es WINTERSUN in der Abendhitze großen Spaß und das Publikum war ebenso bestens gelaunt, sodass der Auftritt getrost als Erfolg gewertet werden darf. Am meisten begeisterte der Track Sleeping Star mit seiner unvergesslichen Melodie.

SOILWORK - Björn wird umgetauft
Wer hat schon mal ein schlechtes Konzert von SOILWORK gesehen? Ich jedenfalls nicht - und mit einem knallharten Sound in der Hinterhand konnte auch in Slowenien nichts anbrennen. Hervorragend intensiv überzeugte dabei One With The Flies vom Stabbing The Drama Album und die Fans kamen den Aufforderungen nach einem Pit sofort nach und veranstalteten eine wilde Metalparty. Auf der Bühne wiederum mussten die Bandkollegen von Björn wegen den dauernden Spuckattacken aufpassen, nicht auszurutschen. Aufgrund dessen bin ich verleitet, Mr. Strid fortan „Spit“ anstatt „Speed“ zu nennen... Egal, SOILWORK haben genug tolle Songs im Gepäck und so verging die Zeit wie im Fluge, u.a. kamen Follow The Hollow, The Bringer oder As We Speak zum Zuge. Alles in allem eine sehr feine Show von SOILWORK!

MY DYING BRIDE - Keiner stirbt so schön wie Aaron
Kaum in Worte zu fassen ist die unglaublich düstere Atmosphäre eines MY DYING BRIDE Konzerterlebnisses. Die Kompositionen versprühen Melancholie, Herzblut und Leidenschaft, sodass eine Gänsehaut die nächste jagt. Die langsameren Parts lassen den Besucher in fassungsloser Ergriffenheit genießen, um die Energie in den schnelleren Passagen in Form von exstatischem Headbanging freizulassen. Dazu liefert Sänger Aaron eine Bühnenpräsenz der Extraklasse, er windet sich, kniet am Boden, schreit, fleht und stirbt bei The Cry Of Mankind den Bühnentod nach dreimaligem Fall unter dem Kreuz. Herrlich theatralisch und doch durch und durch ehrlich und nicht aufgesetzt unterhalten die Briten von der ersten Sekunde bis zum finalen Mollakkord. Like Gods Of The Sun, For You, She Is The Dark – allesamt doomige Perlen der Musikgeschichte. Die Lichtshow untermalte diesen Gänsehaut-Auftritt angemessen und so wurden MY DYING BRIDE zu einem grandiosen Höhepunkt des METALCAMP 2006.

TESTAMENT - Mitternächtliches Ge-Thrashe
Die Ansagerin vom Soundportal (eine österreichische Musiksendung) fand die richtigen Worte, um Chuck Billy & Co. vorzustellen: „Diese Band braucht keine Vorstellung, hier sind TESTAMENT!“ Unglaublich laut knallte die Thrash-Legende Lieder wie Into The Pit, Over The Wall oder Practice What You Preach ins Auditorium. Wie immer spielte Chuck mit seinem Mikrofonständer wie ein Luftgitarrenweltmeister und Paul Bostaph (auch Exodus) legte eine souveräne Leistung am Schlagzeug hin. Komischerweise dauerte das Set nicht übermäßig lang, doch gerade lang genug, um die rund 10.000 Fans gehörig ins Schwitzen zu bringen.

DIMMU BORGIR - Fehlende Black Metal Magie
DIMMU BORGIR nervten dann mit einem übermäßig langen und selbsthuldigendem Intro. Gegen eine kurze Einleitung habe ich ja nichts einzuwenden, aber geschlagene 5 Minuten und 3 Intros müssen nicht sein, oder? Bass und Drums waren viel zu laut und so gingen die gutklassigen Melodien leider unter. Das Posen gehört sicher zur Lieblingsbeschäftigung einiger Bandmitglieder und so boten DIMMU BORGIR einiges fürs Auge. Ein wenig störte mich dabei das Rockstar-Gehabe, aber instrumental ließen die Norweger nichts anbrennen. Unvermeidlich war natürlich der Hit Mourning Palace, der auch lautstark bejubelt wurde. Mir fiel auf, dass die älteren Songs wie Stormblast größere Begeisterung auslösten wie etwa Progenies Of The Great Apocalypse. Magie versprühten DIMMU BORGIR an diesem Abend leider keine und so war das Ende des zweiten Tages überdurchschnittlich, aber keineswegs überragend.

 

story © Stormlord • pics © Janine