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An Evening With

 
2019-04-09 DE – Köln - Kulturkirche
 

| Einlass: 19:00 Uhr | Beginn: 20:00 Uhr | Tickets: 30 Euro + Gebühren | SOLD OUT |

 

[Dajana] Als DEVIN TOWNSEND sein DEVIN TOWNSEND PROJECT nach erfolgreichen 10 Jahren im letzten Jahr ad acta legte (bzw. auf unbestimmte Zeit pausiert), war das Bedauern groß. Aber, DEVIN TOWNSEND ist ein Getriebener in Sachen Musik und meldete nach einer gefühlten 3-Sekunden-Verschnaufpause mit einer Vinyl Kompilation und neuem Album zurück. Am 29. März erschien sein mittlerweile 19. „Soloalbum“ Empath via InsideOut Music, welches nicht nur weltweit hervorragende Bewertungen erhielt, sondern sich auch in den oberen Rängen der Album Charts tummelt.
[BRT] Ich war ja ein bisschen skeptisch. Denn in der letzten Zeit ist DEVIN TOWNSEND insbesondere mit seinem Ziltoid-Krempel doch etwas zu klamaukig geworden. Und eine gewisse Formelhaftigkeit lässt sich auch nicht von der Hand zu weisen...

[Dajana] Bevor es aber nun im Herbst auf ausgedehnte Empath Europe - Volume 1 Tour geht (mit Haken als Support), kredenzt uns der Ausnahmemusiker im April die An Evening With DEVIN TOWNSEND Akustik-Tour. Ein Mann, ein Notebook, eine Gitarre. Und Plüschtiere… aber dazu später mehr ;)

[Dajana] Vier Tage nach einem eher stressigen Long Distance Calling Konzert, reitet das Nocturnal Hall Team wieder nach Köln in die :: Kulturkirche ::. Doppelt hält besser… ;)
Unter der Woche gestaltet sich aber alles sehr viel entspannter. Der Verkehr, die Parkplatzsuche und auch das Innenleben der Kirche. Man hat aus dem Freitag offensichtlich gelernt. Es gab deutlich mehr Kirchenbänke im hinteren Bereich und somit mehr Sitzplätze. Gefühlt waren es auch weniger Fans (oder weniger verkaufte Tickets) als bei Long Distance Calling, obwohl beide Shows ausverkauft waren. Jeder hatte seinen Platz und nur wenige Fans standen in den Seitengängen (wo sie auch hätten sitzen können). Sehr schön :)

:: Fotos :: DEVIN TOWNSEND ::

[Dajana] Auch :: DEVIN TOWNSEND :: wurde vom Veranstalter angekündigt, bevor es pünktlich um 20 Uhr losging. DEVIN TOWNSEND kam erstmal verschlumpft mit Hoodie und Mütze auf die Bühne, und brauchte eine ganze Weile, bis er tatsächlich bereit war loszulegen. Es wärE ein komischer Tag für ihn gewesen, so sagte er. So stimmte er erstmal in aller Ruhe seine Gitarre, arrangierte seinen Platz und jammte ein bisschen herum, um sich warm zu machen. Bei dieser Gelegenheit stellte er auch seine Plüschtiere vor. Ich zitiere mal einen Freund: „Owly und Caty sind aus Stockholm, Ananassi aus Berlin, Flamingi aus München. Heut (Hamburg) kommt Super-Sloth dazu.“
Zwischendrin versuchte der gute Mann dezent darauf hinzuweisen, dass er kein Wasser auf der Bühne hat, selbiges aber unbedingt für Stimme und Hals benötigte, bis ein Fan flink zu Bar lief und Devin ein gutes Glas deutsches Mineralwasser auf die Bühne stellte. Dann klickte es auch beim Stage-Hand… Die Lacher hatte er dann auf seiner Seite ;)

[Dajana] Devin erzählte jede Menge Geschichten über die Songs, die er spielte, wie sie entstanden, über das Livespielen an sich und über das oft wochenlange Touren, seine Introvertiertheit, Psychopharmaka und sonstige Befindlichkeiten. Dabei war er überaus ehrlich und ließ sich quasi auf die Seele gucken. Respekt dafür.
Bei den Songs hatte ich zunächst Schwierigkeiten, sie überhaupt zuzuordnen ;) Erst bei Ih-Ah! und Hyperdrive war ich dann so richtig dabei. Spricht aber dafür, wie kreativ DEVIN TOWNSEND die Songs für seine Akustikperformance interpretierte. Die Songs waren insgesamt sehr, sehr ruhig gehalten. Da hätte Mr. Townsend gerne etwas mehr Pep integrieren können. Dafür erstaunte mich ein ums andere Mal die Bandbreite seiner Stimme. Insbesondere, wenn es in schon beinahe opernhafte Gefilde ging. Wow! Krass. Gänsehaut.

[Dajana] Den größten Lachanfall gibt es, als DEVIN TOWNSEND nach dem Strapping Young Lad Song Love? mit Schnappi, das kleine Krokodil um die Ecke kam. Keine Ahnung, wie er darauf gekommen ist. Bei der Frage & Antwort-Runde erwähnte er dann auch noch einen anderen obskuren deutschen Sänger, von dem er sich mal für 25 Cent ne Schallplatte gekauft hat. Nach einer knappen Stunde Musik ging es dann los mit den Fragen.
DEVIN TOWNSEND hatte einen ordentlichen Stapel ausgedruckter Exemplare dabei, wobei einige Fragen sehr interessant, andere aber auch belanglos waren. Direkte Fragen Face to Face aus dem Publikum gab es allerdings nicht.
[BRT] Das Frage-Antwort Spiel ist eine nette Idee, funktionierte aber nicht 100%ig. Bei den intelligenteren Fragen gab der Mann einen überraschenden Einblick in sein Privat- und Seelenleben, bei den wirklich platten Fragen schien er sich auch zu fragen, ob diese jetzt ernst gemeint war… Nun ja, lag ja dann auch eher am Publikum als an DEVIN TOWNSEND. Insgesamt zeigte der Obersympath aber in diesem Teil des Abends, was für ein intelligenter aber auch zerissener Typ er ist. Macht Laune, hätte aber auch gern etwas gekürzt ausfallen können.

[Dajana] Ich war ungemein fasziniert von seinem Effektgerät, dass er auf eine Frage hin vorstellte. Großartig, wie er daraus seinen kompakten und dichten Sound aufbaute. Auch die die vom Notebook eingespielten Sounds waren großartig. Dezent, und doch intensiv, so dass sich alles zu einem epischen Gesamtsound verband. Und das bei einer Ein-Mann-Show! Wow!
[BRT] DEVIN TOWNSEND und ein “stripped-down Acoustic-Set” mag auf den ersten Blick nicht so richtig zusammen passen, man kann sich den Mann einfach nicht ohne Breitwand-Bombast-Sound vorstellen – aber es stellt sich doch schnell heraus, dass seine Akustik-Klampfe mit viel Reverb, Delay und anderen Effekten aufgepimpt ist, so dass ein schon fast kathedralenhafter Ambient Sound entstand, der sich wunderbar in der Kirche machte. Meine anfänglichen Bedenken lösten sich zumindest musikalisch schnell in Luft auf. Die Songs waren gut gewählt, funktionierten auch ohne Bandbegleitung super und der Meister selbst ist gut drauf. Der Grat zwischen dem intelligenten Unterhalter und dem platten Klamauk wurde zwar mehr als einmal überschritten, was ich aber im Gesamtbild nicht negativ auswirkte. Hier und da hat man zwar Schwierigkeiten die Songs zuzuordnen, aber es spricht ja auch für DEVIN TOWNSEND, dass er nicht einfach eins-zu-eins Akustik-Kopien seiner Albumtracks spielt. Aber zumindest kann man sich jetzt vorstellen, wie seine Songs so im Ursprung entstehen. Find ich super!

[Dajana] Es folgte eine 20-minütige Pause, um sich mit Getränken zu versorgen, dann ging es zunächst mit Bring Him Home, ein verdammt schönes Stück, und zwei weiteren Tracks weiter. Devin wirkte nun deutlich gelöster und entspannter. Es gab bei den letzten Songs weniger Klamauk, so dass man die Tracks in ihrer Gänze genießen konnte. Anschließend gab es die zweite Runde des Frage & Antwort Spiels, um dann endgültig den Abend mit Life zu schließen, bei welchem das Publikum zuerst sehr zögerlich, dann aber zunehmend kraftvoller den Refrain mitsang. Natürlich verabschiedet das Publikum DEVIN TOWNSEND mit langanhaltenden tosendem Applaus und stehenden Ovationen.

[BRT] Das Finale mit (ungewolltem?) Mitsingpart beim Bombentrack Life von der Ocean Machine war natürlich absolute Klasse und definitiv der Höhepunkt des Abends. Tolles intimes Konzert mit einem herausragenden Musiker in einer wirklich schönen Location. Hat Spaß gemacht und hätte ich auch so nicht erwartet. Gerne wieder!

[Dajana] Das nenne ich doch mal eine wirklich außergewöhnliche und gänzlich andere Performance in einer besonderen Location. Diese Art von Akustik-Tour ist zwar nicht neu für Devin, sowas hat er schon mal in 2015 auf der Insel veranstaltet, allerdings ohne Q&A. Da ich seinerzeit nicht in UK dabei war, war es für mich an diesem Abend doch ein ganz besonderes, intimes und auch intensives Erlebnis. DEVIN TOWNSEND ist der geborene Entertainer und natürlich ein begnadeter Gitarrist und Musiker. Er wird nicht umsonst der „verrückte Professor“ genannt. Famoser Konzertabend, der mir lange in Erinnerung bleiben wird!

Setlist: Let It Roll (DTB – Synchestra), Funeral (Ocean Machine: Biomech), Deadhead/Watch You (DTB - Accelerated Evolution), Ih-Ah! (DTP – Addicted), Hyperdrive (DTP – Addicted), Love? (SYL – Alien), Coast (DTP – Ki), Divine (DTP – Epicloud), Solar Winds (Ziltoid), Q&A Part 1 // Break // Bring Him Home (Les Miserables), Terminal (DTP – Ki), Sister (Ocean Machine: Biomech), Q&A Part 2, Life (Ocean Machine: Biomech)

 

 

story © BRT & Dajana • pics © Dajana & Dajana Winkel • Photography