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2005-06-25 DE – Mülheim - Schloß Broich

Therion - The Crüxshadows - Janus - Nik Page - Elis - Regicide - Down Below

Nachdem es ja in den letzten Tagen eine zum Teil viehische Hitze und Sonne satt gegeben hatte, suchte sich der Regen- und Schlechtwettergott natürlich ausgerechnet den letzten Samstag im Juni für eine kleine Abkühlung aus. So fühlte sich das NH Team (Psycho, Maya, Kerstin, Calani) zunächst an letztes Jahr erinnert: als wir gegen 12:30 am Schloss Broich eintrafen, goss es wie aus Kübeln. Aber auch diesmal sollte es pünktlich um 13:00 zum offiziellen Festivalbeginn damit aufhören. Und auch wenn es dann zwischendurch noch mal ziemlich ungemütlich und nass wurde, so war uns das allen trotz etwas unpassender Kleidung deutlich lieber, als wenn man den ganzen Tag in der prallen Sonne verbracht hätte...
Das Wetter wird folglich nicht der Grund gewesen sein, warum die sechste Auflage des CASTLE ROCK FESTIVAL’s im Gegensatz zu den Angaben des Veranstalters in diesem Jahr zwar gut besucht, aber wohl nicht ausverkauft war (so wie in den Jahren davor). Ob das nun an den vielen parallel stattfinden Konkurrenzereignissen lag (z.B. spielten NIN zeitgleich in Oberhausen, ebenso die deutsche Elf gegen Brasilien, und auf Schalke zerlegte Stefan Raab reihenweise Autos), oder aber der diesjährigen Bandkonstellation, die viele der Anwesenden insgesamt als weniger gelungen empfanden als die Billings der letzten Jahre, das ist natürlich nur schwer zu sagen.
Allerdings, um das Fazit mal vorwegzunehmen, war auch das diesjährige CASTLE ROCK wieder eine rundum gelungene und kurzweilige Angelegenheit; getragen von der reibungslosen Organisation und dem nach wie vor tollen Ambiente. Und zumindest die Mehrzahl der Bands wusste auch im Jahre 2005 zu überzeugen; wer will sich da also angesichts des immer noch sehr günstigen Eintrittspreises großartig beschweren? Schade war nur, dass die gewohnte After-Festival-Party im Ringlokschuppen in diesem Jahr nicht statt finden konnte. Falls das im nächsten Jahr wieder der Fall ist, sollte man sich hier unbedingt noch eine andere Lösung überlegen.

:: Fotos ::

Eine der besseren Bands spielte direkt zu Beginn des Konzerts, nämlich DOWN BELOW aus Rosslau. Ok, den Ankündigungen, reichlich ägyptische Elemente in die Musik mit einfließen zu lassen, konnten die Jungs um den agilen Frontmann Neo-Scope zwar nur optisch (mittels der Kleiderwahl) gerecht werden; zu einem guten Auftritt reichte es aber auch so alle mal. Musikalisch wurde dem Publikum recht eigenständiger und kraftvoller Gothic Metal serviert, der genau an den passenden Stellen mit moderneren Elementen aufgepeppt und mit energischem Stage-Acting untermalt wurde. Mit einigen selbstironisch-sympathisch-verstrahlten Ansagen überwand man zudem die Hürde des Openers problemlos, so wurden die Anwesenden z.B. mit „Guten Abend, Mülheim“ begrüßt, gefolgt von dem Hinweis, dass man in Rosslau keine Uhren kennt...
Der Schwerpunkt des Auftritts lag natürlich mit Stücken wie The Man Who Robs Dead People oder Return Back From Ignorance auf dem aktuellen Album Silent Wings: Eternity, Höhepunkt war aber trotzdem die gelungene Cover-Version von Entre dos Tierras (Hèroes del Silencio).

Ebenfalls überzeugen konnten die Norddeutschen REGICIDE, deren letztjähriges Debüt Viorus uns ja eher ratlos zurückgelassen hatte. Live hingegen wischte die sympathische Bande von Beginn alle Zweifel hinfort, dass man es richtig krachen lassen wollte. Auch hier konnte, neben der Musik, das Stage-Acting überzeugen, und zudem verfügt die aus exzellenten Musikern bestehende Band mit Frauke und Timo über zwei tolle Sänger, die viel aus ihren Stimmen machten und sich dabei gut ergänzten.
Da konnte also schon beim Opener Behind His Eyes nichts schief gehen, genauso wenig wie beim komplett gespielten An Embracing Space. REGICIDE nutzten zudem die Möglichkeit und stellten einige neue Stücke vor, von denen vor allem Pirates als sehr gelungen in Erinnerung geblieben ist. Leider hatte die Band Pech mit dem Wetter, denn mitten im Set fing es wieder kräftig an zu regnen, wobei es aber für die Band spricht, dass dieser Umstand der Stimmung keinen Abbruch tat.

ELIS aus Liechtenstein hinterließen hingegen einen eher zwiespältigen Eindruck. Zwar spulten sie ihren Gothic Metal routiniert runter, aber Chöre vom Band - das geht nun wirklich nicht. Zudem war die Bühnenperformance zu statisch und innerhalb der Musik waren die Aufhorcher auch zu spärlich gesät. Irgendwie fehlte es am eigenständigen Profil, und man konnte partout nicht ausmachen, was diese Band von anderen des Genres unterscheiden sollte. Ungeachtet einer an sich guten Mischung aus allen drei Alben gab’s folglich einen eher durchschnittlichen Eindruck, man muss aber fairer Weise erwähnen, dass ELIS beim Publikum trotz starkem Regen während zwei Dritteln des Gigs gut ankamen und sich von ihren Fans mit dem VIVA-Rotation-Clip Der Letzte Tag standesgemäß verabschiedeten.

Dieses Glück war dem Ex-Blind Passengers-Frontmann NIK PAGE hingegen nicht beschieden. Aber seien wir ehrlich: dieses Problem war klar hausgemacht, denn die Mischung aus Möchtegern-Rockstar-Posing und eher uninspirierter Musik kam fast schon naturgemäß alles andere als gut beim Publikum an. Der angepriesene Electro Rock wollte demnach überhaupt nicht zünden und entpuppte sich als lahme Kopie der Sisters Of Mercy zu Mother Russia-Zeiten mit etwas mehr Elektronik und Mad Max-Optik; keine Ahnung, wer das heute noch braucht. Tiefpunkt war dann die total missratene Version des Ärzte-Klassikers Mysteryland, und nachdem NIK PAGE anfangs noch versucht hatte, die Stimmung zu seinen Gunsten herumzureißen, resignierte die Band dann doch sichtlich und kürzte wohl als Konsequenz ihren Set um einige Stücke. Mit Absurdistan wurde als Abschluss ein altes Passenger-Stück runtergezockt, welches das eigene Material auch noch um Längen düpierte. So konnte sich dann jeder der Anwesenden von diesem Qualitätsunterschied überzeugen...

Die so gewonnene Zeit wussten JANUS trefflich zu nutzen, nicht nur, weil sie als erste Band eine Zugabe geben durften (und mussten), sondern weil so sogar noch für ein (neues) Stück mehr im Set Platz war. Die „harten“ Auftritte der extrem sympathischen Hessen (nebst Anhang) sind ja inzwischen positiv berüchtigt, und auch in Mühlheim rockte die Band um Rig und Tobi (zu der heuer auch die Sängerin Diana Nagel gehörte) wirklich wieder einmal alles in Grund und Boden. Wie üblich wurden dabei fast alle dargeboten Stücke gründlichst umarrangiert, wobei man diesmal meistens Wert darauf legte, möglichst viel krachige Gitarren unterzubringen und das Ganze teilweise mit harschen Electro-Patterns zu unterlegen. Mission geglückt, kann man da nur sagen! Denn Tracks wie Verflucht, Ich will seinen Kopf, das wieder ausgegrabene Saitenspiel, Mein krankes Herz oder das beinharte, als Abschluss gespielte, neue Stück Neuroleptiker rockten das Haus höchst energisch.
Auffällig war, neben dem hohen Energie-Level der gesamten Band, der Grimassen-Wettbewerb zwischen Sänger Rig und Gitarrist Oliver, den letzterer allerdings klar für sich entschied. Zwischendrin gab es mit dem sehr intensiven Grabenkrieg (ebenfalls neu) und Kafka einen kurzen Moment der Besinnung, bevor man es dann wieder ordentlich krachen ließ. Dass das Leben nicht immer so bierernst ist, bewies Rig zwischendurch mit seinen Ansagen (große Lacher erntete z.B. die Bandvorstellung: „Hallo, wir sind L’Âme Immortelle und spielen jetzt Bitterkeit“...), so dass JANUS nach dieser starken Leistung verdienter Maßen mit langanhaltendem Applaus bedacht wurden.

Danach brauchten wir (Psycho, Maya, Kerstin) erst mal dringend eine Pause, so dass wir uns den Auftritt der CRÜXSHADOWS nur teilweise ansehen konnte, während sich Cal weiterhin heroisch durch den Fotograben kämpfte. Daher sei dazu nur soviel gesagt, dass die Band um Front-Entertainer Rogue das Publikum bestens im Griff hatte und eine Menge Party-Stimmung verbreitete. Da störte es auch nicht, dass sich live einige Stücke ziemlich ähnlich klingen, zumal Rogue mal wieder keine Gelegenheit ausließ, entweder seinen Klettertrieb zu befriedigen oder aber den Kontakt zum Publikum zu suchen und dabei seine Deutschkenntnisse zu verbessern – die im Übrigen gar nicht mal schlecht sind und für eine Menge Pluspunkte beim Publikum sorgten. Erwähnenswert noch, das die Amerikaner auf dem CASTLE ROCK erstmalig einen neuen Song präsentierten, den man auf der aktuellen DVD/CD finden kann. Und obwohl die CRÜXSHADOWS musikalisch eigentlich am wenigsten zu den anderen Bands passten, haben sie sich inzwischen eine so stabile Fan-Basis erarbeitet, dass hier wirklich nichts schief gehen konnte.

Wie im letzten Jahr stand der Abschluss der Festivals im Zeichen der Vermischung von Metal und Klassik, diesmal in Form der schwedischen Band THERION, die neben der normalen Rockbesetzung noch einen fünfköpfigen Chor (3 Frauen, 2 Männer) mitgebracht hatten. Ehrlich gesagt, hatte sowohl ich (Psycho), als auch Calani die Band in den letzten Jahren ein wenig aus den Augen verloren, daher waren wir doch sehr überrascht, wie schwungvoll THERION in ihren Set einstiegen: wüstes Metal-Posing (wie früher) paarte sich da mit einer extrem nach vorne spielenden Band, die sichtlich Spaß an ihrem Auftritt hatte. So wurden z.B. bei den ersten Stücken kaum Samples benötigt, sondern der sehr gute Chor sorgte quasi im Alleingang für die klassische Atmosphäre, während der Rest der Musiker sich auf ein ordentliches Metal-Brett konzentrierte.
Besonders erfreut war ich (Psycho) über die Tatsache, mit Mats Leven endlich mal einen meiner Lieblings-Sänger live sehen zu können. Und was soll ich sagen: der Mann ist echt 'ne absolute Granate und veredelte daher vor allem ältere Stücke wie Evocation Of Vovin oder Into Remembrance mit seinem genialen Organ. Mit Riders Of Theli wurde sogar ein richtiger „Oldie“ wieder ausgegraben, während das Programm ansonsten aus bewährten Standards à la Seven Secrets Of The Sphinx, Schwarzalbenheim oder Wine Of Aluqah bestand, die im Publikum für ausgelassene Stimmung sorgten. Auch Christopher Johannson nutzte die Gelegenheit für einige Ansagen in Deutsch und zeigte sich dabei ein ums andere Mal von der humorigen Seite. Als ihm z.B. niemand aus dem Publikum die Heimstatt der nordischen Götter nennen konnte (Asgaard), schob er dies auf seine schlechten Deutschkenntnisse und begründete diese mit zuviel Urlaub in Bayern...
Mit dem Klassiker Beauty In Black verabschiedeten sich THERION dann zunächst bombastisch von den Fans, um dann aber noch als krönenden Abschluss eine fulminante Version von Motörheads Iron Fist ins Publikum zu schmettern. Das hat Spaß gemacht!

Und da dies auch insgesamt für das gesamte Festival zutraf (die Zeit verging wirklich wie im Flug), werden wir folglich im nächsten Jahr unserer Chronistenpflicht wieder gerne Genüge tun...

 

story © Psycho, Maya, Dajana • pics © Dajana