Mit ihrem neuesten Output V: Hävitetty legen die fünf Finnen von MOONSORROW bereits im Januar das Meisterwerk des Jahres 2007 im Pagan Metal vor! Im Dezember 2006 weilten schließlich Sänger/Bassist Ville Sorvali und Drummer Marko Tarvonen im gar nicht so kalten Hamburg, um im Kultladen Headbanger’s Ballroom ihren Fans die neue Platte, welche “nur” zwei Songs enthält, vorab bei einer zünftigen Pre-Listieningparty vorzustellen. Da es mir leider nicht vergönnt war, an dieser Party teilzunehmen, nahm ich am folgenden Tag die Gelegenheit wahr, mich im Büro des deutschen Promoters (ebenfalls in Hamburg) mit den beiden finnischen Musikern zu treffen und mich mit ihnen gemütlich bei ein paar Bieren über ihre neue CD V: Hävitetty zu unterhalten.

Moonsorrow

Jörn: Hallo Leute! Ihr seht ja schwer angeschlagen aus, haha! Ich nehme mal an, dass eure Pre-Listeningparty gestern Abend im Ballroom ein voller Erfolg gewesen ist. Richtig?
Ville:
Oh ja! Es war großartig! Es sind richtig viele Fans gekommen und wir haben extrem viel Alkohol getrunken, haha!
Marko: Unsere neue Platte haben wir nebenbei aber auch noch vorgestellt, hehe.
Jörn: Und wie sind die Reaktionen der anwesenden Fans gewesen?
Marko: Fantastisch! Die Leute waren richtig begeistert. Wir konnten kaum glauben, dass die Reaktionen der Fans dermaßen euphorisch waren. Ich meine, wir haben all unser Herzblut in diese Platte gesteckt und wir wussten, dass wir ein Album geschaffen haben, welches uns als Künstler absolut zufrieden stellt. Aber das bedeutet ja noch lange nicht, dass die Presse oder die Fans das genauso empfinden.
Jörn: In kommerzieller Hinsicht muss man euer neues Album V: Hävitetty eigentlich ja als selbstmörderisch bezeichnen. Ich meine, weder Singleauskopplungen noch Videoclips fürs Fernsehen dürften möglich sein.
Ville: Ach, weißt du, im finnischen TV läuft ohnehin nur einmal in der Woche für eine Stunde Metal. Und dann natürlich irgendwann mitten in der Nacht. Und das härteste, was sie dann spielen, sind solche Gruppen wie Nightwish. Es würde sich also sowieso nicht für uns lohnen, einen Videoclip zu produzieren.

Jörn: Aber gerade die beiden neuen Songs Jäästa Syntynyt/Varjojen Virta und Tuulen Ajettu Maa wären hervorragend dafür geeignet, sie mit eindrucksvollen Bildern zu unterlegen!
Marko:
Du hast schon recht. Jedoch würde es extrem viel Geld kosten, ein solches Projekt zu realisieren und das dürfte für uns nicht finanzierbar sein.
Jörn: V: Hävitetty besteht ja „nur“ aus zwei überlangen Songs. Euer letztes Album Verisäkeet bestand ja bereits nur noch aus fünf Songs bei einer Spielzeit von fast siebzig Minuten. Konsequenterweise müsste euer nächstes Album nur noch einen einzigen Song enthalten!
Ville: Das werden wir auch irgendwann in die Tat umsetzen. Aber sicherlich nicht auf der nächsten Platte. Denn wenn wir diese ganz spezielle Platte gemacht haben, werden wir MOONSORROW auflösen! Und das haben wir derzeit noch nicht vor.
Marko: Wir werden mit MOONSORROW noch ein paar Jahre weitermachen. Ich denke mal, dass wir bestimmt noch vier oder fünf Platten machen werden. Die Welt wird uns also noch ein paar Jahre ertragen müssen, hähä!
Ville: Dass auf V: Hävitetty nur zwei Songs drauf sind, war definitiv nicht geplant. Es hat sich einfach so ergeben.
Marko: Unser Hauptsongwriter Henri sagt immer, ein Song ist fertig, wenn er fertig ist. Und wenn er denn dreißig Minuten lang ist, dann ist er nun mal dreißig Minuten lang.

Jörn: Euer Gitarrist Henri Sorvali hat V: Hävitetty ja quasi im Alleingang geschrieben. Das verwundert ja doch etwas, wenn man bedenkt, dass er gleichzeitig noch am Songwriting für das neue Finntroll Album feilte. Außerdem ist er ja noch vor einiger Zeit Vater geworden!
Marko:
[holt tief Luft] Henri hat sich vor allem aus familiären Gründen erst mal bei MOONSORROW eine Auszeit genommen. Er hat zuhause ziemlich viel Stress gehabt. Zwei Bands und dann auch noch Frau und Kleinkind. Das war am Ende etwas zuviel geworden. Auf der anderen Seite können wir ihn natürlich sehr gut verstehen, denn wir leben schließlich nicht von der Musik. MOONSORROW ist für uns alle schlicht und einfach ein Hobby. Und sollte natürlich nicht sein, dass das Hobby zu Lasten der Familie geht. Trotzdem hoffen wir sehr, dass Henri in absehbarer Zeit zu uns zurückkehren wird. Bis auf weiteres haben wir erst mal einen Typen mit dem Namen Janne Perttilä als Livegitarristen verpflichtet.
Ville: [nimmt einen tiefen Schluck aus der Bierflasche] Wir werden ja sehen, wie sich die Dinge so entwickeln.
Marko: Weder Ville noch ich haben Kinder. Na ja, vielleicht in ein paar Jahren, haha!

Jörn: Nun haben ja bereits einige Leute an eurem letzten Werk Verisäkeet kritisiert gehabt, dass die Songs etwas zu lang geraten wären. Diesen Leuten seit ihr mit eurer neuen Platte ja nicht gerade entgegengekommen!
Marko:
Hahaha! Nein, mit Sicherheit nicht!
Ville: Das sind diese Leute, die eher sogenannte Easylistening Musik brauchen und bevorzugen. Und denen kann ich nur entgegnen: Sorry! Dann ist die Musik von MOONSORROW nicht für euch geeignet! Unsere Musik ist, wenn man so will, wie guter Wein. Die Songs müssen beim Hörer reifen. Man muss sie immer und immer wieder hören. Und dabei erschließen sich dem Fan immer wieder neue Details, die er bei den vorherigen Durchläufen zuvor noch nicht entdeckt hat. Das macht für mich gute Musik aus. Wenn ich diese mit jedem weiteren Hördurchlauf neu entdecken kann. Außerdem machen wir unsere kompromisslose Musik in erster Linie für uns selbst. Glücklicherweise haben wir mit Spinefarm ein Label im Rücken, das uns alle erdenkliche künstlerische Freiheit lässt und uns in kommerzieller Hinsicht keinerlei Vorschriften macht.
Jörn: Live dürfte es dennoch Probleme geben, oder?
Marko: Puh, da hast du sicherlich recht. Wir werden auf keinen Fall beide Songs an einem Abend spielen können. Außerdem werden wir den jeweiligen Song für die Livepräsenz etwas kürzen müssen. Auf zwanzig Minuten oder so. Wir brauchen ja schließlich auch noch Zeit für ältere Songs.

Jörn: Erzählt doch bitte etwas über die Texte von Jäästa Syntynyt/Varjojen Virta und Tuulen Ajettu Maa.
Ville:
Die Texte auf V: Hävitetty handeln vom Untergang der Menschen und dem Ende der Welt. Sie sind also nicht gerade positiv, hehe.
Jörn: Mir liegt ja leider nur eine Promocopy der Platte vor. Und da mein Finnisch recht bescheiden ist, wäre ich für ein paar inhaltliche Details sehr dankbar!
Marko: Sorry! Wir möchten auch nicht zuviel über die Texte erzählen, um den Hörern nicht ihre eigenen Interpretationsmöglichkeiten zu nehmen. Der fertigen CD werden aber englische Übersetzungen beiliegen. Und auch unsere Website wird demnächst englische Übersetzungen der beiden Songs enthalten.
Jörn: Wieso schreibt ihr denn nicht generell englische Texte?
Ville: Niemals! Das würde uns unsere Identität nehmen. Außerdem kann ich mich in unserer Landessprache viel besser ausdrücken, als ich es in der englischen Sprache könnte. Obwohl ich die englische Sprache eigentlich ganz gerne mag. Vielleicht würden wir mit englischen Texten mehr Platten verkaufen. Aber das ist uns nun wirklich nicht so wichtig.

Jörn: Nun kann man ja weder eure Musik noch eure Texte als fröhlich bezeichnen. Auf der anderen Seite scheint ihr aber die totalen Partyanimals zu sein. Warum sitzt ihr nicht, eurer Musik entsprechend, depressiv in einer Zimmerecke und überlegt euch, wie wohl der perfekte Suizid aussehen könnte?
Marko:
Natürlich sind wir Typen, die gern viel Spaß haben und vor allem viel feiern! Durch unsere Musik leben wir unsere negativen Emotionen optimal aus, so dass uns genügend Spielraum bleibt, um Spaß im Leben zu haben. Ich könnte mir gar nicht vorstellen, den ganzen Tag mit einer Trauermine herumzulaufen.
Jörn: Viele Fans fühlen sich beim Hören eurer Scheiben an Bathory erinnert. Ehrt euch dieser Vergleich? Oder haltet ihr ihn eher für abwegig?
Marko: Den Vergleich mit Bathory haben wir in den vergangenen Jahren schon etliche Male gehört. Klar ehrt uns ein solcher Vergleich. Ich denke aber, dass Between Two Worlds von I deutlich mehr Einflüsse von Bathory verarbeitet als unsere neue Platte.

Damit entlasse ich dann auch die Herren Sorvali und Tarvonen zum nächsten Interviewdate. Und Prost!

 

12/2006 © Jörn Offeney • Moonsorrow